Wie man Graphen supraleitend machen kann

Pressemeldung der Universität Wien vom 11.02.2014

Sobald ein neuartiges Material entdeckt wird, ist eine der ersten Fragen: Kann das neue Material supraleitend sein? Das gilt insbesondere für das Wundermaterial Graphen. Nun erforschte ein internationales Team um Wissenschaftler der Universität Wien den supraleitenden Paarungsmechanismus in mit Kalzium dotierten Graphen. In ihren Arbeiten verwendeten sie Synchrotronstrahlung, um damit die winkelaufgelöste Photoemission von Graphen zu messen. Ihre Ergebnisse erscheinen im renommierten Journal „Nature Communications“.

Supraleitende Materialien besitzen eine außerordentlich wertvolle Eigenschaft: Sie können elektrischen Strom verlustfrei transportieren, wenn sie unter eine kritische Temperatur gekühlt werden. Supraleitung entsteht in bestimmten Materialien durch die Paarung von Elektronen, die sich bei höheren Temperaturen normalerweise abstoßen würden. Wissenschaftler aus der Gruppe „Elektronische Materialeigenschaften“ an der Fakultät für Physik (Universität Wien) und ihre internationalen Kollaborationspartner machten sich gemeinsam an die Arbeit, um den möglichen supraleitenden Paarungsmechanismus im Wundermaterial Graphen zu untersuchen.

Die Entdeckung von Graphen, eine Schicht von Kohlenstoffatomen so dünn wie ein einzelnes Atom, im Jahr 2004 gilt als einer der größten Durchbrüche in der Festkörperphysik. Die Bedeutung der zweidimensionalen Materialien ist so wesentlich, dass dafür ein Nobelpreis vergeben wurde. Bisher gab es jedoch keine Hinweise auf Supraleitung in Graphen, obwohl nahe Verwandte von Graphen wie z.B. Graphit und Fullerene durch das vorsätzliche Einführen von Elektronen (Dotieren) zu Supraleitern werden.

Einsteins weitläufiger Erbe: die winkelaufgelöste Photoemission

Um Aufschluss über eine mögliche Supraleitung in Graphen zu erhalten, machten die WissenschafterInnen von einer der leistungsfähigsten Methoden der Festkörperspektroskopie Gebrauch: die winkelaufgelöste Photoemission (engl. ARPES). Wenn ein Lichtteilchen auf ein Material auftrifft, kann es so viel Energie auf ein Elektron im Inneren des Materials übertragen, dass das Elektron aus dem Material herausgeschlagen wird (der von Albert Einstein entdeckte photoelektrische Effekt). Die ForscherInnen messen dann, unter welchem Winkel die Elektronen aus dem Material entweichen, und können so nützliche Informationen über die elektronischen Eigenschaften eines Materials und die komplexe Vielteilchenphysik erfahren.

Nikolay Verbitskiy und Alexander Grüneis von der Universität Wien zusammen mit Alexander Fedorov und Denis Vyalikh vom IFW-Dresden und der TU-Dresden und Danny Haberer von der University of California / Berkeley sowie weitere KollegInnen setzten die winkelaufgelöste Photoemissionmethode am Elettra Synchrotron in Triest ein. Dabei untersuchten sie das Zusammenspiel einer Reihe von Elektronendonoren (Cs, Rb, K, Na, Li, Ca) mit einer Monoschicht Graphen.

Kalzium macht das Rennen

Dabei fanden die WissenschaftlerInnen heraus, dass Kalzium der vielversprechendste Kandidat ist, um Supraleitung in Graphen bei einer kritischen Temperatur von 1,5K einzuleiten. Diese Temperatur ist relativ niedrig im Vergleich zu Fullerenen, die bei 33K supraleitend werden. Allerdings hat Graphen einige entscheidende Vorteile: Es besteht nur aus Oberfläche und kann leicht chemisch funktionalisiert werden. Außerdem kann es in verschiedenen Stapelfolgen gewachsen werden und auf unterschiedliche Arten dotiert werden. Dadurch bietet Graphen den ExperimentatorInnen eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die elektronischen Eigenschaften gezielt zu modifizieren.

Publikation:
„Observation of a universal donor-dependent vibrational mode in graphene“
A.V. Fedorov, N.I. Verbitskiy, D. Haberer, C. Struzzi, L. Petaccia, D. Usachov, O.Y. Vilkov, D.V. Vyalikh, J. Fink, M. Knupfer, B. Büchner & A. Grüneis
Nature Communications | 5:3257 | DOI: 10.1038/ncomms4257

Externer Link: www.univie.ac.at

Physiker filmen und manipulieren Bewegung von Bismut-Atomen

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 10.02.2014

Mit Hilfe eines Tricks ist es Physikern aus Kassel und Japan gelungen, die Bewegung von Atomen in Bismut quasi zu filmen und zu manipulieren – ein Zwischenschritt zur Entwicklung ultraschneller Schalter auf atomarer Skala.

Seit langem träumen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon, die Bewegung von Atomen in Materialien in Echtzeit mit Hilfe von Licht zu visualisieren und zu kontrollieren. Wäre man in der Lage, gezielt die Atome eines Materials in bestimmte vorprogrammierte Richtungen zu verschieben, so könnte man ultraschnelle Schalter auf atomarer Skala herstellen.

Um die Bewegung der Atome zu kontrollieren, muss man sie jedoch visualisieren können: Erst wenn man versteht, wohin sich Teilchen bei Laser-Bestrahlung bewegen, kann man diese Bewegung zu seinen Zwecken einsetzen. Nur: Keine Kamera kann dies leisten. Atome sind eine Milliarde mal schneller, als die schnellste kommerzielle Kamera der Welt aufzeichnen kann, und so klein, dass eine Auflösung von 100 Billiarden Megapixeln notwendig wäre, um ihre Bewegung beobachten zu können. Prof. Dr. Martin Garcia, Leiter des Fachgebiets Festkörper und Ultrakurzzeitphysik an der Universität Kassel, und Dr. Eeuwe Zijlstra, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet, haben es dennoch geschafft: mit einem Trick.

„Tür zur Lichtmanipulation von Atomen in Festkörpern ist jetzt offen“

Mit Hilfe von extrem kurzen Lichtpulsen nämlich ist es neuerdings möglich, zeitaufgelöst zu beobachten, wie Materialien nach Laseranregung Licht anders reflektieren: Durch die Anregung werden die Atome in schnelle Schwingungen versetzt, die dazu führen, dass das Licht im Laufe der Zeit vom Material anders zurückgeworfen wird. Die Reflektivität des Materials schwingt mit den Atomen mit. Anders ausgedrückt: Wer weiß, wie genau sich die Reflektivität während des Schwingens ändert, kann von den Lichtsignalen darauf zurückschließen, wo sich die Atome zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhalten – und damit auf ihre Bewegung. Die Kasseler Physiker Garcia und Zijlstra haben eine Theorie entwickelt, mit der sich die Bewegung der Atome aus dem Reflexionsvermögen bestimmen lässt. Damit lieferten sie den fehlenden Baustein, um Atom-Bewegungen zweidimensional zu visualisieren und zu kontrollieren. „Wir haben auf diesem Weg feststellen können, wo sich die Atome aufhalten – und zwar alle Atome im Material, nicht weniger als 10 hoch 23“, betont Garcia. „Die Tür zur Lichtmanipulation von Atomen in Festkörpern steht jetzt offen.“

In Zusammenarbeit mit japanischen Kollegen unter der Leitung von Prof. Dr. Kenji Ohmori (Institute for Molecular Science, Okazaki), Prof. Dr. Katzutaka Nakamura (Tokyo Institute of Technology) und Prof. Dr. Masahiro Kitajima (Nara Institute of Science and Technology) ist es Garcia und Zijlstra gelungen, die zweidimensionale Bewegung der Atome im Element Bismut nach ultrakurzer Laserbestrahlung zu visualisieren und zu steuern. Mehr noch: Jetzt, da die Bewegungen berechenbar waren, konnten die japanischen Wissenschaftler die planaren Schwingungen der Bismut-Atome durch gezielte Umformung von Lichtimpulsen beliebig manipulieren und die Bewegung dabei, mit Hilfe der Theorie von Prof. Dr. Garcia und Dr. Zijlstra, visuell darstellen. Garcia verdeutlicht die Dimensionen durch einen Vergleich: „Nehmen wir an, jemand könnte es erreichen, dass alle Einwohner Hessens eine Stunde lang genau dieselbe Bewegung durchführen, zum Beispiel sich im Kreis zu drehen. In etwa das ist uns mit Atomen gelungen – nur, dass die Zahl der Einwohner Hessens verschwindend klein ist im Vergleich zur Anzahl der Atome in einem Material.“

Die Ergebnisse dieser Kasseler-japanischen Arbeit wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Externer Link: www.uni-kassel.de

Warum die Haut unbeschadet Baden geht

Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 06.02.2014

Physiker vollziehen anhand eines Computermodells nach, wie sich runzlige Haut wieder glättet

Runzlige Finger nach einem Bad: Wir alle kennen dieses Phänomen. Verbringen wir längere Zeit im Wasser, nimmt unsere Haut Feuchtigkeit auf, und die Zellen der äußeren Hautschicht schwellen an. In trockener Umgebung gibt die Haut das zusätzlich aufgenommene Wasser aber ohne bleibende Schäden wieder ab und ist schon kurze Zeit später wieder glatt. Wie dies möglich ist, konnten Wissenschaftler nun anhand eines physikalischen Modells nachvollziehen: Professor Roland Roth vom Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen und Physikerin Dr. Myfanwy Evans von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) modellierten im Computer erstmals die Struktur der äußeren Hautschicht auf der mesoskopischen Skala. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

Unsere Haut ist ein komplexes Organ mit einer Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. Die äußere Hautschicht, die sogenannte Epidermis, besteht aus abgestorbenen Hautzellen, erfüllt aber zentrale Aufgaben: Beispielsweise schützt sie unseren Körper vor Wasserverlust in trockener Umgebung und bewahrt ihn umgekehrt auch beim Baden vor der Aufnahme von zu viel Wasser.

Die Wissenschaftler berechneten in ihrem Computermodell die Prozesse, die bei einer Wasseraufnahme in den einzelnen Komponenten der Haut ablaufen, und stellten ein interessantes Wechselspiel in den äußeren Hautzellen fest. Die äußere Hautschicht enthält Keratin-Fasern in einer geometrisch geordneten Struktur. Keratin ist hydrophil, fühlt sich also in wässriger Umgebung sehr wohl, was erklärt, warum Hautzellen Wasser aufnehmen. Schwellen die Zellen dabei an, werden die Keratin-Fasern gedehnt – dies kostet wiederum elastische Energie, wie bei einer Spiralfeder, die man in die Länge zieht.

Das Wechselspiel dieser Kräfte, die in entgegengesetzter Richtung wirken, bringt die Ausdehnung der Zellen zum Stillstand und sorgt dafür, dass die Haut nur eine begrenzte Menge Wasser aufnimmt. Die Ausdehnung stoppt, bevor sich die Keratin-Fasern berühren und permanent vernetzen können, was eine dauerhafte Änderung der mechanischen Eigenschaften der Zellen bewirken würde. Das führt dazu, dass unsere Haut das aufgenommene Wasser wieder abgibt und sich ohne bleibende Schäden glättet.

Die Studie könnte helfen, Hautkrankheiten besser zu verstehen und zu behandeln, und künstliche Materialien nach dem Vorbild der Haut zu schaffen.

Externer Link: www.uni-tuebingen.de

Was Elektronen zum Zittern bringt

Pressemitteilung der Universität Regensburg vom 20.01.2014

Elektronenbewegungen in Halbleitern erzeugen Strahlung mit Rekordbandbreite

Moderne Hochgeschwindigkeitselektronik basiert auf winzigen Halbleiter-Strukturen, in denen Elektronen mit Hilfe von elektrischen Feldern auf immer höhere Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Bald schon dürften Feldstärken erreicht werden, die zu einer neuen Klasse von Quantenphänomenen führen. Physiker der Universitäten Regensburg, Marburg und Paderborn haben nun nachgewiesen, dass sich Elektronen unter diesen Bedingungen nicht mehr monoton in eine Richtung bewegen, sondern extrem schnelle Oszillationen ausführen, die Licht über einen superbreiten Spektralbereich ausstrahlen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Photonics“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/nphoton.2013.349).

Vor 85 Jahren beschrieb Felix Bloch, einer der Väter der modernen Festkörperphysik, die Bewegungen von Elektronen in einem Festkörper mit quantenmechanischen Wellen. Die Bewegungen sind dabei mit den Bewegungen von Wellen auf dem Wasser vergleichbar: Treffen sie auf ein Hindernis, etwa einen Stein, dann werden sie gestreut und auf der Wasseroberfläche bildet sich ein Muster kleiner Wellen aus. In einem Festkörper führt die enorme Anzahl periodisch angeordneter Atome zu einem hochkomplexen Streumuster der Elektronen und zu einer überraschenden Vorhersage: In einem starken elektrischen Feld sollten sich Elektronen demnach nicht – wie intuitiv erwartet – gleichförmig in eine Richtung bewegen, sondern beginnen zu oszillieren. Dieses merkwürdige Verhalten konnte aber bislang nur in künstlichen Modellsystemen beobachtet werden, weil die Wellennatur der Elektronen durch ihre Wechselwirkung untereinander sowie mit dem Atomgitter eines natürlichen Festkörpers schnell „verwischt“ wird.

Einem Team um Prof. Dr. Rupert Huber vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg ist es nun in einem bahnbrechenden Experiment gelungen, elektrische Felder in der Größenordnung von 10 Milliarden Volt pro Meter mit einer Präzision von billiardstel Sekunden an Halbleiter anzulegen und die Oszillation der Elektronen zu beobachten, bevor sie verwischt. Die Forscher nutzen dazu eine erst vor kurzem in Betrieb genommene Hochfeld-Terahertzquelle an der Universität Regensburg. Sie kann ultrakurze Lichtblitze im infraroten Spektralbereich mit Rekordintensitäten und präzise kontrollierbarem Feldverlauf erzeugen. Der Trick ist dabei, das schwingende elektrische Feld eines solchen Lichtblitzes als kurzzeitige Vorspannung zu verwenden. Mit einer extrem schnellen Zeitlupenkamera konnten die Wissenschaftler zudem zeigen, dass die oszillierenden Elektronen elektromagnetische Strahlung vom Mikrowellen- bis zum Ultraviolett-Bereich ausstrahlen.

Zur Erklärung dieser Messdaten entwickelten die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Stephan W. Koch und Prof. Dr. Mackillo Kira an der Universität Marburg gemeinsam mit Prof. Dr. Torsten Meier von der Universität Paderborn ein quantenmechanisches Modell, das die komplexen Vorgänge im Halbleiter nachbildet und die experimentellen Daten eindeutig als dynamische Bloch-Oszillationen identifiziert.

Die Ergebnisse vermitteln einen spektakulären Einblick in eine Quantenwelt, die für künftige Generationen von Halbleiterbauelementen entscheidend werden dürfte. Was vielleicht noch wichtiger ist: Sie zeigen, dass sich elektrische Ströme auf Zeitskalen einzelner Lichtschwingungen kontrollieren lassen. Die Elektronik der Zukunft könnte also auch bei optischen Taktraten funktionieren. Nicht zuletzt emittieren Bloch-Oszillationen ultrakurze Lichtblitze im infraroten Spektralbereich in einer Rekordbandbreite. Diese Lichtquelle dürfte demnach ein wertvolles Forschungsinstrument für die Ultrakurzzeitphysik werden. (Alexander Schlaak)

Titel der Originalpublikation:
O. Schubert, M. Hohenleutner, F. Langer, B. Urbanek, C. Lange, U. Huttner, D. Golde, T. Meier, M. Kira, S. W. Koch und R. Huber, „Sub-cycle Control of Terahertz High-Harmonic Generation by Dynamical Bloch Oscillations“, Nature Photonics (2014)

Externer Link: www.uni-regensburg.de

Federleicht

Presseaussendung der TU Wien vom 18.11.2013

Weg mit überflüssigen Kilos: In der Industrie ist Masseeinsparung ein wichtiges Thema. An der TU Wien ersetzt man daher bei der Federherstellung massiven Stahl durch leichte Faserwerkstoffe.

Sie sind in der Armbanduhr und im Autofahrwerk genauso wichtig wie bei Messgeräten oder Raumfahrzeugen: Federn sind allgegenwärtig und werden auf den ersten Blick manchmal als technische Trivialität betrachtet. Zu Unrecht, wie Richard Zemann von der TU Wien weiß. Bei ihrer Herstellung gibt es viel zu verbessern. Sein Team fand einen Weg, kompliziert geformte Federn aus Faser-Kunststoff statt aus Stahl zu erzeugen. Das spart Gewicht und bringt ein hervorragendes Materialverhalten.

Kohlenstoff und Harz

Karbonfasern sind extrem belastbar. Nur einige Mikrometer dick sind die Filamente, die das Forschungsteam von Richard Zemann am Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik der TU Wien verwendet, doch ihre Länge kann in die Kilometer gehen. Bündelt man diese dünnen Fasern, erhält man eine leichte aber extrem steife Struktur. Damit die Fasern in Form bleiben, bettet man sie in einer Matrix ein, zum Beispiel in Epoxidharz. „Das Harz selbst nimmt im optimalen Fall keine Kräfte auf, aber es bindet die Kohlenstofffasern aneinander und sorgt so für die nötige Stabilität“, erklärt Richard Zemann.

Dass die Eigenschaften dieser Fasermaterialien für ihren Einsatz bei der Herstellung von Federn sprechen, ist recht offensichtlich: Ihre Dichte ist extrem gering – sie beträgt weniger als ein Viertel der Dichte von Stahl – und gleichzeitig übertreffen Faser-Kunststoff-Verbunde Stahl teilweise in ihrer Steifigkeit.

Trotzdem wurden Faserverbundwerkstoffe bisher nur für vergleichsweise einfache Blattfedern eingesetzt, weil die Herstellungsverfahren für kompliziertere spiralförmige oder schraubenförmige Formen fehlten. Das Team der TU Wien konnte allerdings mit dem Projektpartner, der Federnfabrik Tmej, einen Prozess entwickelt, der die Herstellung aller wichtigen Federgestalten erlaubt. Wie das genau funktioniert, will Richard Zemann derzeit noch nicht verraten. „Wir stellen jedenfalls zuerst einen dicken Draht her, der danach zu einer schraubenförmigen Feder umgeformt werden kann“, sagt er.

100.000 Belastungen und kein bisschen müde

Die Resultate können sich jedenfalls jetzt schon sehen lassen: Erste Spiralfedern konnten 100.000 Belastungszyklen unbeschadet überstehen. „Wir haben den Versuch dann einfach abgebrochen – die Federn zeigten überhaupt keine Ermüdung und hätten sicher noch eine viel größere Zahl von Belastungen ausgehalten“, sagt Richard Zemann.

Der Herstellungsprozess wird nun noch für die Serienanwendung verbessert. Forschungsbedarf gibt es noch hinsichtlich der Harz- bzw. Kunststoffkomponente: Die Kohlenstofffasern halten die oftmalige Belastung zwar problemlos aus, aber die Matrix rundherum könnte irgendwann doch geringfügig ihre Form ändern. An der TU Wien werden derzeit noch Ideen zur Verbesserung der Kunststoffkomponente untersucht.

Die neuartigen Federn sind äußerst korrosions- und chemikalienbeständig. Der entscheidende Vorteil ist allerdings die Gewichtsersparnis. Bei gleicher Steifigkeit reduziert sich die Masse um siebzig bis achtzig Prozent verglichen mit herkömmlichen Stahlfedern. Gerade in der Automobilindustrie ist man sehr auf Gewichtseinsparungen bedacht – eine geringere Masse bedeutet letztlich auch weniger Treibstoffverbrauch. Ganz entscheidend ist das Thema Gewicht natürlich im Luft- und Raumfahrtbereich.

„Zunächst werden sich Karbon-Faser-Verbund-Federn sicher im gehobenen Marktsegment durchsetzen“, prognostiziert Richard Zemann, „doch langfristig soll die neue Technologie auch in Massenprodukten verwendet werden – das ist unser erklärtes Ziel.“ (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at