Neues Verfahren produziert Kohlenwasserstoffe aus Bio-Öl

Pressemitteilung der TU München vom 02.06.2009

Biomasse als Rohstoffquelle

Die Menge verfügbarer fossiler Rohstoffe ist endlich und geht allmählich zur Neige. Daher und aus Gründen des Umweltschutzes rücken erneuerbare Rohstoffquellen mehr und mehr ins Zentrum des Interesses. Bei hohen Temperaturen oder unter hohem Druck lässt sich aus Biomasse ein Gemisch sauerstoffhaltiger Verbindungen gewinnen, so genanntes Bio-Öl. Es gilt als viel versprechende neue Rohstoffquelle. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben nun in der Zeitschrift Angewandte Chemie ein katalytisches Verfahren vorgestellt, mit dem sich Bestandteile von Bio-Öl direkt in gesättigte Kohlenwasserstoffe und Methanol umsetzen lassen.

Bio-Öl wird durch Pyrolyse bei hohen Temperaturen oder Verflüssigung unter hohem Druck aus speziell angebauten Pflanzen, Holzabfällen oder anderen Pflanzenresten gewonnenen. Die saure, wässrige Mischung aus Bruchstücken von Zellulosemolekülen und anderen Pflanzeninhaltsstoffen ist so jedoch weder als Ausgangsstoff für Chemieprodukte noch als flüssiger Kraftstoff zu gebrauchen. Bisher fehlte die Möglichkeit, aus dem Gemisch die als Energieträger wichtigen gesättigten Kohlenwasserstoffe herzustellen, die normalerweise aus Erdöl gewonnen werden.

Ein Team aus deutschen und chinesischen Wissenschaftlern um Professor Johannes A. Lercher, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Chemie 2 der TU München, gelang es nun, einen Teil des Bio-Öls direkt in gesättigte Kohlenwasserstoffe umzuwandeln. An verschiedenen Modellsubstanzen zeigten die Forscher, wie sich die so genannte phenolische Fraktion mit hoher Selektivität zu ringförmigen Kohlenwasserstoffen und Methanol umsetzen lässt. Als Katalysator setzten sie in ihren Versuchen Palladium auf einem Kohlenstoffträger ein. Phosphorsäure dient bei der Reaktion als Protonenlieferant. Die Umsetzung geschieht bei Temperaturen zwischen 200 und 250°C bei einem Druck von 50 Atmosphären.

Die Reaktion ist eine so genannte Eintopfreaktion, das heißt, eine einstufige Reaktion, deren einzelne Teilreaktionen ohne zwischengeschaltete Aufarbeitungsschritte in ein und demselben Reaktor ablaufen. Wahrscheinlich besteht die Reaktion aus acht aufeinander folgenden Einzelschritten. Das Erfolgsgeheimnis der Umsetzung ist der Katalysator, der in der Lage ist, alle unterschiedlichen Teilreaktionen in Gang zu bringen. Am Ende entsteht eine Mischung verschiedener Kohlenwasserstoffe, die sich wie Öl auf Wasser als zweite Phase absetzt, und so leicht abgetrennt werden kann.

Verglichen mit herkömmlichen Ansätzen zur Umwandlung von Biomasse zu Kohlenwasserstoffen, ist die neue Methode deutlich effizienter: Mit Cobalt-Molybdän-Katalysatoren gelang bisher nur eine Ausbeute von etwa 40 Prozent; die Methode von Professor Lercher zeigte dagegen in den Experimenten eine fast hundertprozentige Umwandlung.

Die Arbeiten wurden unterstützt vom Exzellenznetzwerk IDECAT (Integrated Design of Catalytic Nanomaterials for a Sustainable Production) im Rahmen des sechsten Rahmenprogramms der Europäischen Union.

Originalpublikation:
Highly selective catalytic conversion of phenolic Bio-Oil to Alkanes Chen Zhao, Yuan Kou, Angeliki A. Lemonidou, Xuebing Li und Johannes A. Lercher Angew. Chem. Int. Ed. 2009, 48, 3987-3990

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Bauplan einer bakteriellen Solaranlage

Presseinformation der Max-Planck-Gesellschaft vom 14.05.2009

Ein internationales Forscherteam klärt die Struktur der Chlorosomen in grünen Schwefelbakterien auf

Wer von Licht lebt, wo es wenig Licht gibt, braucht dafür eine besondere Antenne. Das grüne Schwefelbakterium Chlorobaculum tepidum, das unter anderem in tiefen, dunklen Gewässerschichten lebt, besitzt solche Antennen. Deren Bauplan hat ein internationales Team um Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für bioanorganische Chemie jetzt enthüllt. Indem die Forscher auf raffinierte Weise verschiedene Experimente und Berechnungen kombinierten, bestimmten sie, wie die lichtempfindlichen Chlorophyll-Moleküle in den Chlorosomen angeordnet sind. Chlorosomen sind die effizientesten Apparate der Natur, um Licht zu sammeln. Ihre Struktur könnte als Blaupause für künstliche Systeme dienen, die Sonnenenergie nach dem Vorbild der Photosynthese in Biosprit umwandeln. (PNAS, Early Edition 12. Mai 2009; DOI: 10.1073/pnas.0903534106)

Eine Fläche Baden-Württembergs würde vermutlich reichen, um im Jahr 2050 Europas Treibstoffbedarf zu decken – wenn sich zehn Prozent der Energie, die als Sonnenlicht auf diese Fläche fällt, in chemische Energie, sprich Biosprit, verwandeln ließe. Um den Durst von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen dagegen mit Bioethanol oder -diesel zu stillen, wie er derzeit aus Biomasse erzeugt wird, wären die Bundesrepublik und Frankreich zusammen als Anbaufläche wahrscheinlich nicht groß genug. Doch zehn Prozent des einfallenden Sonnenlichts in einen Treibstoff, sei es Ethanol oder Wasserstoff, zu verwandeln, schafft bislang keine Technik – aber der ein oder andere Mikroorganismus. Zum Beispiel das grüne Schwefelbakterium Chlorobaculum tepidum, das mit seinen Chlorosomen sehr ungewöhnliche und extrem effiziente Solarkraftwerke zur Lichtabsorption besitzt. Daher untersucht Alfred R. Holzwarth die Chlorosomen mit seiner Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie in Mülheim a. d. Ruhr schon seit einigen Jahren – mit dem Ziel, die bakteriellen Solarkraftwerke zu kopieren. Diesem Ziel ist er jetzt ein Stück näher gekommen. Ein internationales Forscherteam, an dem neben Alfred Holzwarth und Michael Reus vom Mülheimer Max-Planck-Institut auch Wissenschaftler der Universitäten in Leiden und Groningen sowie der Penn State University in Philadelphia beteiligt waren, hat jetzt nämlich herausgefunden, wie die Chlorosomen gebaut sind.

Demnach stapelt sich das Chlorophyll in den Chlorosomen zu Helices. „Bislang wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie die einzelnen Chlorophyll-Komplexe nebeneinander angeordnet sind“, sagt Alfred Holzwarth: „Diese Frage haben wir jetzt geklärt.“ Und nicht nur diese: Auch von der Anordnung der Chlorophyll-Stapel gab es keine klare Vorstellungen. Die meisten Forscher, die in den bakteriellen Solarkraftwerken Anregungen für die Biosprit-Produktion von morgen suchen, favorisierten Schichten. Eine falsche Vorstellung, wie das Forscherteam jetzt festgestellt hat: „Die einfachen Chlorophyll-Helices sind wiederum zu einer Helix aufgewickelt und bilden so eine Röhre“, erklärt Holzwarth. Und auch die einzelnen Röhren müssen sich noch einmal einer Ordnung unterwerfen: Mehrere Röhren mit unterschiedlichem Durchmesser stecken nämlich wie in einem Teleskopstab ineinander.

„Anders als in höheren Pflanzen entsteht diese komplexe hierarchische Struktur völlig selbstorganisiert“, sagt Holzwarth. In höheren Pflanzen greifen Proteine vermittelnd ein: sie umschließen das Chlorophyll und zwingen es auf diese Weise in eine Struktur. „Da die Chlorosomen nur Chlorophyll enthalten, bieten sie sich als Vorbilder für selbstorganisierende technische Lichtantennen an“, sagt Alfred Holzwarth. Die Proteine in den Chloroplasten höherer Pflanzen lassen sich nämlich höchstens mit großem Aufwand imitieren.

Wie es in den Lichtantennen von C. tepidum aussieht, haben die Forscher nur auf einem Umweg und mit einer neuen Methode herausgefunden. Bei den Chlorosomen versagt nämlich die Röntgenkristallografie – das gängige Verfahren, um die Struktur von Eiweißen und anderen Biomolekülen zu bestimmen: Die einzelnen Chlorosomen selbst eines einzigen Bakteriums unterscheiden sich in ihrer Größe und gruppieren sich daher nicht zu regelmäßigen Kristallen. Das aber ist eine Voraussetzung, um sich mithilfe der Röntgenkristallografie ein Bild von einer Substanz zu verschaffen.

Um trotzdem einen detaillierten Bauplan der Chlorosomen zeichnen zu können, haben die Forscher der Universität Leiden mit der Festkröper-Kernspin-Spektroskopie die Beziehungen untersucht, die benachbarte Chlorophyll-Komplexe unterhalten. Ihre Kollegen von der Universität Groningen haben die Chlorosomen zudem bei tiefen Temperaturen mit einem Elektronen-Mikroskop durchleuchtet und erhielten so ein Bild von der gröberen Struktur. In Rechnungen hat das Forscherteam diese Teilansichten dann zu einem Gesamtbild der exakten molekularen Anordnung kombiniert.

Doch dieses Bild blieb zunächst unscharf, weil die Chlorosomen im Wildtyp, der natürlichen Form von C. tepidum, mehrere Chlorophyll-Arten enthalten. Die Varianten unterscheiden sich in ihren chemischen Anhängseln. Kleine Unterschiede, die aber das Bild verwischen. „Daher haben unsere Kollegen von der Penn State University eine Mutante des Bakteriums erzeugt, die nur eine Sorte des Chlorophylls produziert“, sagt Holzwarth: Die vereinfachten Chlorosomen der Mutanten lieferten dem Team nun scharfe Messungen und eine detaillierte Struktur, die die Forscher mit dem vagen Bild der Chlorosomen im Wildtyp verglichen.

Bei dem Vergleich fanden sie Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede: Sowohl die Chlorosomen der Mutante als auch des Wildtyps sind aus konzentrischen Röhren aufgebaut. Die Röhren der Mutante sind aber anders gewickelt: Während sich die Chlorophyll-Helices im Wildtyp wie die Fäden eines Seils parallel zur Achse der Röhre winden, bilden sie in der Mutante gestapelte Ringe. „Wir waren ziemlich überrascht, dass ein so kleiner Unterschied in der chemischen Zusammensetzung so große Auswirkungen auf die Struktur hat“, sagt Holzwarth.

Der Vergleich zwischen Wildtyp und Mutante ermöglichte den Forschern nicht nur, den Chlorosomen-Bauplan von Chlorobaculum tepidum zu lesen, er gewährte ihnen auch einen Blick in die Evolutionsgeschichte des Bakteriums. Dass der Einzeller in seinen Lichtantennen verschiedene Chlorophyll-Varianten stapelt, stellt nämlich einen relativ jungen Schritt der Evolution dar. Der erschwert den Forschern zwar, seinen Aufbau zu enthüllen, verbreitert aber das Spektrum des Sonnenlichts, das die Lichtantennen einfangen können, und erhöht so deren Effizienz.

Ehe Alfred Holzwarth und seine Mitarbeiter sich in einem derartigen Feinschliff versuchen, mit dem die Evolution die Effizienz der Lichtantennen getrimmt hat, müssen sie erst noch einige prinzipielle Probleme lösen. „Wir wollen jetzt mehr darüber herausfinden, wie die Lichtabsorption in den Chlorosomen funktioniert“, sagt Holzwarth. Nur dann verspricht die Suche nach künstlichen Antennen mit ähnlicher Effizienz Erfolg. Doch auch das markiert nur die Hälfte der Strecke, bis sich die Energie der Sonne effizient in Biosprit binden lässt, wie Alfred Holzwarth erklärt: „Wir müssen die Antennen an ein einfaches System koppeln, das die eingefangene Lichtenergie in chemische Energie verwandelt, das also wie die Photosynthese aus Kohlendioxid Zucker aufbaut oder aus Wasser Wasserstoff abspaltet.“

Originalveröffentlichung:
Swapna Ganapathy, Gert T. Oostergetel, Piotr K. Wawrzyniak, Michael Reus, Aline Gomez Maqueo Chew, Francesco Buda, Egbert J. Boekema, Donald A. Bryant, Alfred R. Holzwarth, Huub J. M. de Groot
Alternating syn-anti bacteriochlorophylls form concentric helical nanotubes in chlorosomes
PNAS, Early Edition 12. Mai 2009; DOI: 10.1073/pnas.0903534106

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Künstliches Rauschen spart Energie bei Breitband-Internetzugängen

Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft vom 04.05.2009

Wie xDSL-Systeme in Zeiten der Klimadiskussion energie-effizienter und damit kostengünstiger arbeiten, das haben Wissenschaftler der Münchner Fraunhofer-Einrichtung für Systeme der Kommunikationstechnik ESK herausgefunden. Mit ihrem Forschungsergebnis liefern sie eine Lösung, die Netzanbieter schnell umsetzen könnten. Möglich macht das die Kombination vorhandener Techniken: Dem L2-Energiespar-Modus in ADSL2-Systemen und den Verfahren des künstlichen oder virtuellen Rauschens.

Ökologische und ökonomische Gründe zwingen auch Telekommunikationsunternehmen zum Einsatz energiesparender Systeme. Das breitbandige DSL-Zugangsnetz verbraucht weltweit etwa 20 Milliarden Kilowattstunden Energie pro Jahr. Das entspricht vier Prozent des jährlichen Energieverbrauchs in Deutschland. Längst ließe sich der Verbrauch des DSL-Netzes mit dem Einsatz eines Ruhemodus (des L2-Modus) in gängigen ADSL2/ADSL2+-Systemen signifikant senken. Bisher laufen Breitbandzugänge stets auf voller Leistung, doch der L2-Modus reduziert bei ruhender Kommunikation die Sendeleistung des Systems und damit dessen Stromverbrauch. Obwohl der Modus bereits standardisiert und in vielen Geräten auf Empfänger- und Vermittlungsseite vorhanden ist, kommt er nicht zum Einsatz. Das Problem: Der Ruhemodus verursacht erhebliche Störungen in benachbarten DSL-Systemen.

Wenn ein Modem sich verbindet und den Sparmodus verlässt, die benachbarten Modems sich aber noch im Ruhezustand befinden, tritt nur eine geringe Störung auf und es verbindet sich mit einer extrem hohen Datenübertragungsrate. Erwachen nun aber beispielsweise Systeme in den Nachbarwohnungen, wird die Störung im ersten System so groß, dass die Verbindung abreißt und das Modem erst nach einer längeren Neustartphase und dann auch nur mit deutlich reduzierter Datenrate wieder online gehen kann. Aus diesem Grund deaktivierten die Betreiber von Breitbandnetzen den Energiesparmodus und nahmen ihn auch nicht in die Standardisierung für zukünftige Breitbandanschlüsse mit schnelleren Datenübertragungsraten (VDSL) auf.

Wissenschaftlern vom ESK ist es jetzt gelungen, künstliches oder virtuelles Rauschen für die Stabilisierung von DSL-Anschlüssen anzuwenden, um damit den energiesparenden Modus doch einsetzen zu können. Das künstliche Rauschen täuscht den Breitbandempfängern eine Störung vor, wie sie für das genutzte Kabelbündel typisch ist. Will sich ein Modem mit dem Internet verbinden, registriert das System eine normale Störung, selbst wenn das Gerät in der Nachbarwohnung im Ruhezustand ist. Die Verbindung baut sich zwar nicht mit der größtmöglichen, sondern einer geringfügig reduzierten Übertragungsrate auf, bleibt aber auch dann stabil, wenn der Nachbar online geht.

Sowohl der L2-Modus als auch das künstliche Rauschen lassen sich schon jetzt einsetzen. Mit ihrer Arbeit zeigen die ESK-Forscher, wie sich beide Technologien miteinander kombinieren lassen, um das Surfen mit Breitbandgeschwindigkeit energiesparender und dabei stabiler zu machen. Netzbetreiber könnten jährlich mehrere Millionen Kilowattstunden Strom und damit allein in Deutschland 1,5 Millionen Euro Betriebskosten sparen. Kleines Manko: Zunächst sparen dabei nur die Netzbetreiber, nicht die Nutzer.

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Forschungsfahrzeug mit Erdgas-Hybridantrieb

Pressemitteilung der Universität Stuttgart vom 23.03.2009

Kooperationsprojekt von Opel, Bosch und Uni Stuttgart

Rüsselsheim/Stuttgart – Nach zweijähriger Forschung und Entwicklung stellt die Universität Stuttgart ein Fahrzeug mit Erdgas-Hybridantrieb vor. In einem Opel Astra Caravan hat ein Forschungsteam unter der Leitung der Adam Opel GmbH erstmals systematisch das CO2-Reduktionspotenzial eines hubraumkleinen Erdgas-Turbomotors und des Elektroantriebs kombiniert. Weitere Partner in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekt waren die Robert Bosch GmbH, das Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen (IVK) der Universität Stuttgart sowie das Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS).

Das Forschungsfahrzeug verfügt bei einer CO2-Emission von unter 90 Gramm/Kilometer über ein Start-Stopp-System, eine Rückgewinnung der Bremsenergie und einen von der Universität Stuttgart entwickelten, vorausschauenden Hybridkoordinator. Dieser nutzt die im Fahrzeug vorhandenen Sensoren und ein GPS-Signal zur Erkennung von Fahrstreckenprofilen und speichert diese ab. Bei wiederholtem Fahren auf einer Strecke, zum Beispiel dem täglichen Weg zur Arbeit, wird diese Information zur Optimierung des Energiemanagements und damit zur Reduzierung des Verbrauchs genutzt. Der Einliter-Dreizylindermotor des Astra-Forschungsfahrzeugs kombiniert niedriges Gewicht und geringe innere Reibung mit der hohen Klopffestigkeit von Erdgas oder Biogas. Durch eine Abgas-Turboaufladung wurde die Leistung von 44 auf 71 Kilowatt und das Drehmoment von 80 auf 160 Newtonmeter gesteigert.

Die Universität Stuttgart entwickelte eine spezielle Motorabstimmung, um das kompakte Erdgas-Turbotriebwerk und den von Bosch bereitgestellten Elektromotor  in Hybrid-Konfiguration zu betreiben. Letzterer ermöglicht dank 35 Kilowatt Leistung und 160 Newtonmeter Drehmoment auch den rein elektrischen Fahrbetrieb sowie eine Drehmoment-Unterstützung in der Beschleunigungsphase des Fahrzeugs, das damit beeindruckende Fahrleistungen erzielt.

Externer Link: www.uni-stuttgart.de

OXYCOAL-AC: „Wir machen Kraftwerke sauberer“

Pressemitteilung der RWTH Aachen vom 16.03.2009

Im alten Heizkraftwerk an der Wüllnerstraße, nur einen Steinwurf vom Hauptgebäude der RWTH Aachen entfernt, wird eifrig an der Zukunft gearbeitet. Die Forscher von sechs RWTH-Instituten testen dort ein innovatives Kohlekraftwerk. Das Besondere an der Stromfabrik der nächsten Generation: Sie pustet so gut wie kein klimaschädliches Kohlendioxid mehr in die Luft.

Fossile Kraftwerke, in denen Strom mit Kohle, Erdgas oder Öl produziert wird, haben einen schlechten Ruf. Sie stoßen viel CO2 aus und belasten die Umwelt dadurch sehr stark. „Doch ohne sie geht es nicht“, sind sich die Experten einig. Mit erneuerbaren Energien allein wird man den Strombedarf der nächsten Jahrzehnte nämlich nicht decken können. Um die anspruchsvollen europäischen Klimaziele dennoch zu erreichen, führt an einem kein Weg vorbei: Die Kraftwerke müssen sauberer werden – und das, so schnell wie möglich.

Ingenieure  der RWTH Aachen entwickeln deshalb im Rahmen des Forschungsvorhabens OXYCOAL-AC ein kohlebasiertes Oxyfuel-Verfahren. Finanziert wird das Forschungsprojekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Rahmen seiner COORETEC-Initiative, vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen und – mit einem Anteil von insgesamt 20 Prozent des Fördervolumens – aus der Industrie. Zu den Förderern gehören Unternehmen wie RWE Power, E.ON Energie, Hitachi Power Europe, MAN Turbo und Linde.

Anders als in gewöhnlichen Kraftwerken, wird die Kohle im Aachener Versuchskraftwerk nicht mit Luft, sondern mit Sauerstoff verbrannt. „So lässt sich der Strom auf einem nahezu emissionsfreien Weg erzeugen“, sagt Univ.-Prof. Dr.-Ing. Reinhold Kneer vom Lehrstuhl für Wärme und Stoffübertragung, einem von insgesamt sechs RWTH-Instituten, die an dem Forschungsvorhaben OXYCOAL-AC beteiligt sind. „Wie in jedem anderen Kraftwerk entsteht auch bei uns durch die Verbrennung des Kohlenstoffs CO2. Wir versuchen allerdings, im Abgas möglichst nur Kohlendioxid zu haben, um es leichter abtrennen zu können. Statt Luft verwenden wir zur Verbrennung deshalb reinen Sauerstoff und erreichen damit, dass das bei der Verbrennung entstandene Kohlendioxid im Abgas nicht mit Luftstickstoff verdünnt ist. Dadurch lässt sich das CO2 von weiteren bei der Verbrennung entstandenen Rauchgasbestandteilen leichter und wirtschaftlicher abtrennen.“

Der zur Verbrennung der Kohle notwendige Sauerstoff muss nicht kosten- und energieintensiv über eine Luftzerlegungsanlage hergestellt werden. Der Sauerstoff wird über das Herzstück der Aachener Anlage gewonnen: über eine moderne Keramik-Membran. „Uns ist es gelungen, eine Hochtemperatur-Membran-Technik zu entwickeln, mit deren Hilfe der reine Sauerstoff bei etwa 850 Grad Celsius gewonnen werden kann“, so Dr. rer. nat. Malte Förster vom Lehrstuhl für Wärme- und Stoffübertragung der RWTH Aachen. „Unsere Membran weist eine Kristallgitterstruktur auf, die Sie in der Funktionsweise mit einem engmaschigen Damenstrumpf vergleichen können“, ergänzt Kneer. „Diese Membran ist nur für Sauerstoffmolekühle durchlässig.“ Das Abgas wird dann teilweise erneut in die Brennkammer eingeleitet. Am Ende entsteht ein Gas mit sehr hoher CO2-Konzentration, das anschließend verdichtet und emissionssicher gelagert werden kann.

„In einer ersten Phase haben wir eine Anlage für diesen speziellen Prozess aufgebaut und das Membranmodul entwickelt, jetzt testen wir das Zusammenspiel der Komponenten in unserer Pilotanlage“, erklärt Kneer. „Anschließend werden wir den universitären Maßstab verlassen und das Verfahren großtechnisch untersuchen.“ Mit einer kommerziellen Nutzung rechnet Prof. Kneer allerdings nicht vor 2020. 

„Auch wenn die langfristige Förderung der regenerativen Energiequellen sicherlich ein erfolgsversprechender Weg ist: Kurzfristig wird diese Form der Energiegewinnung die Versorgungslücken in Europa nicht schließen können“, ist Kneer überzeugt. An dem Vorhaben der RWTH Aachen, Kohlekraftwerke sauberer zu machen, führt also kein Weg vorbei, so die Ingenieure. (i. A. Alain Kniebs)

Externer Link: www.rwth-aachen.de