Bei Stromausfällen effizienter handeln

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 31.10.2012

Energieversorger, Behörden und Rettungskräfte müssen bei Stromausfällen schnell und koordiniert zusammenarbeiten. Forscher haben eine neue Planungssoftware entwickelt, mit der sich alle Beteiligten besser auf den Ernstfall vorbereiten können.

Die Stromversorgung ist das Rückgrat unserer modernen Volkswirtschaft. Nahezu alle Lebensbereiche sind abhängig von elektrisch betriebenen Geräten. Wenn der Stromfluss stoppt, geht nicht nur das Licht aus. Es funktionieren weder Geldautomaten, noch Kassensysteme in Supermärkten. Auch Telefon, Radio und Fernseher sind lahm gelegt. Bei einem länger anhaltenden Ausfall ist die Versorgung mit Warmwasser, Gas oder Treibstoff und der Betrieb von Beatmungsgeräten auf Intensivstationen oder in Pflegeheimen gefährdet.

Ursachen für dieses erschreckende Szenario können Naturkatastrophen, Terroranschläge oder technische Probleme sein. Wie real die Gefahr auch hier in Deutschland ist, zeigen aktuelle Beispiele. Der letzte größere Vorfall ereignete sich 2011 in Hannover. Dort waren 650 000 Menschen bis zu 90 Minuten ohne Strom, nachdem ein Block in einem Steinkohlekraftwerk und eine Netzkupplung in einem Umspannwerk streikten. Noch viel weitreichendere Folgen hatte der größte Stromausfall der Nachkriegsgeschichte, als 2005 im Münsterländer Schneechaos reihenweise Hochspannungsmasten umknickten. 250 000 Menschen waren teilweise bis zu fünf Tage ohne Strom. Der wirtschaftliche Schaden belief sich auf über 100 Millionen Euro.

Feuerwehrmänner als Prozessmanager

Im Ernstfall sehen sich Energieversorger, Behörden und Einsatzkräfte mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert: Wer ist am intensivsten betroffen, wo besteht der größte Handlungsbedarf, wie lange reicht der Notstrom aus, wer übernimmt welche Fahrten, wie lange reicht der Treibstoff? Nur ein Bruchteil der Fragen, auf die rasch Antworten gefunden werden müssen. »Um die Dauer des Crashs zu minimieren, müssen Einsatzleiter bei Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten wie Prozessmanager agieren«, so Prof. Dr. Thomas Rose, Leiter des Forschungsbereichs Risikomanagement und Entscheidungsunterstützung am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin.

Während Prozessmanager in Unternehmen jedoch auf spezialisierte Softwaretools zurückgreifen können, steht den Einsatzkräften kein modernes IT-gestütztes Prozessmanagement für Krisenfälle zur Verfügung. »Die aktuell erhältlichen Lösungen für Industrie und Wirtschaft sind zu komplex und passen nicht zu den speziellen Anforderungen von Polizei, Feuerwehr & Co. Und auch Programme wie Excel stoßen bei großen, sich ständig ändernden Datenmengen schnell an ihre Grenzen. Unsere IT-Sicherheitsplattform stößt genau in diese Lücke«, erklärt Rose.

Die Software vom FIT gibt Energieversorgern, Behörden und Einsatzkräften bundesweit die Möglichkeit, sich bereits im Vorfeld – also noch bevor der Strom ausfällt – optimal auf die gemeinsame Zusammenarbeit in Krisenfällen vorzubereiten. Kernstück, der im Forschungsprojekt InfoStrom entwickelten IT-Lösung, sind rollenbasierte Checklisten. Diese enthalten nicht nur detaillierte Handlungsanweisungen über das, was die eigene Stelle zu tun hat, sondern auch darüber, welche Punkte mit anderen Stellen abgestimmt werden müssen.

Tests in zwei Landkreisen

Zum Beispiel weiß das Technische Hilfswerk dadurch genau, wie viele Fahrzeuge die örtliche Feuerwehr plant einzusetzen. »Checklisten eignen sich für das Krisenmanagement am besten. Sie standen bisher aber lediglich auf Papier zur Verfügung. Auch der organisationsübergreifende Ansatz fehlte. Zusätzlich haben wir ein Glossar integriert. Denn die unterschiedlichen Einsatzkräfte nutzen meist unterschiedliche Begrifflichkeiten«, so Rose. Die Einsatzfähigkeit der Software wurde im städtisch geprägten Rhein-Erft-Kreis und im ländlichen Kreis Siegen-Wittgenstein erfolgreich evaluiert.

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Energie gewinnen mit Lenkdrachen

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 31.10.2012

Die Windenergie im deutschen Flachland gilt als ausgereizt. Diese These wollen Forscher widerlegen. Künftig sollen Lenkdrachen den Wind einfangen und die gewonnene Bewegungsenergie in Bodennähe in Strom umwandeln. Dies schafft neue Standorte.

Kitesurfen ist zum Trendsport geworden. Die Zahl der Anhänger, die sich für die Mischung aus Windsurfen und Drachenfliegen begeistern, wächst rasant. Wenn der Wind den Kite erfasst, trägt er den Surfer meterhoch empor. Extreme Sprünge sind möglich, maximaler Spaß ist gewährleistet. Doch ein moderner Lenkdrachen ist mehr als nur ein Sportgerät – er lässt sich auch als Energieerzeuger einsetzen. Die Flugbewegung des Drachen kann verwendet werden, um einen Generator anzutreiben, der die gewonnene kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt. Diese pfiffige Idee hatten die Gründer der Berliner NTS Energie- und Transportsysteme GmbH. Für die Realisierung des Vorhabens holten sie das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart mit ins Boot. Mit der neuen Methode wollen die Projektpartner die starken Winde in bis zu 500 Metern Höhe nutzen.

»Die Kites fliegen in Höhen von 300 bis 500 Metern, wo sie den Wind einfangen sollen. Über etwa 700 Meter lange Seile sind sie mit Wägen verbunden, die sie über einen Schienenrundkurs ziehen. Aus der entstehenden Bewegungsenergie erzeugt ein Generator Strom. Die Steuerungs- und Messtechnik befindet sich auf den Wägen«, erläutert Joachim Montnacher, Diplom-Ingenieur am IPA, die Funktionsweise der »Kite-Kraftwerke«. Gegenüber konventioneller Windparktechnik mit Rotoren bieten diese eine Reihe von Vorteilen: Die Windgeschwindigkeit steigt mit zunehmender Höhe rapide an. In Bodennähe tendiert sie gegen Null. In 100 Metern Höhe liegt sie bei rund 15 Meter pro Sekunde, in 500 Metern beträgt sie schon über 20 Meter pro Sekunde. »Die Energieausbeute eines Kites ist deutlich größer als die eines Windrads, dessen Blattspitzen sich derzeit in Höhen bis ca. 200 Metern drehen. Verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit, verachtfacht sich der Energiegehalt«, sagt Montnacher. »Acht Kites mit einer Größe von bis zu 300 Quadratmetern entsprechen – je nach Windgebiet – rechnerisch 20 konventionellen 1-Megawatt-Windkraftanlagen.«

Konstantere Windströme in 500 Metern Höhe

Anders als Windräder haben Kites nicht mit der Konstanz des Windes zu kämpfen. Denn mit zunehmender Höhe steigt auch dessen Verfügbarkeit. Eine Windgeschwindigkeit von 5 Metern pro Sekunde ist in 10 Metern Höhe nur zu ungefähr 35 Prozent und in 500 Metern Höhe schon zu 70 Prozent des Jahres zu messen. Somit kommen neue Standorte im Flachland für die Stromerzeugung durch Wind infrage. Ein weiterer Vorteil: Die Materialkosten für den Bau einer solchen Anlage sind deutlich geringer. Es wird kein hunderte von Tonnen schwerer Turm benötigt.

Die Aufgaben der Projektpartner sind klar definiert: Für das Design der Kites und den Bau der Höhenwindanlage ist die NTS GmbH verantwortlich, die Forscher vom IPA entwickeln die Steuerungs- und Messtechnik, dazu gehören die Seilausgabe- und -einzugsvorrichtung sowie der Seilspeicher. Mit der Steuereinheit werden unter anderem die Messsignale zur Seilsteuerung und Kite-Regelung ausgegeben. Eine in jeden Seilstrang eingesetzte horizontale und vertikale Winkelmessung sowie eine in den Seilverlauf integrierte Kraftmessung garantiert die präzise Steuerung des Kites, der sich in der Flugbahn auf einer liegenden Acht beziehungsweise einer sinusförmigen Kurve in der Höhe bewegt. Durch diese Flugmanöver erzeugt er eine hohe Zugkraft, die bis zu 10 Kilonewton (kN) beträgt. Ein 20 Quadratmeter großer Drachen kann also durchaus das Gewicht von einer Tonne ziehen. Jeweils ein Flugsystem zieht einen Wagen.

Auf einem Testgelände in Mecklenburg-Vorpommern konnten die Forscher vom IPA und die NTS GmbH bereits einen Kite auf einer 400 Meter langen geraden Strecke auf Jungfernflug schicken – gesteuert wurde er ähnlich wie ein Modellsegelflugzeug manuell per Fernbedienung. Im nächsten Schritt wollen die Experten die Teststrecke zu einem Rundkurs ausbauen. Computer sollen die Kites dann vollautomatisch steuern.

»Unseren Simulationen zufolge können wir mit einer NTS-Anlage mit 24 Kites 120 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/Jahr) produzieren. Zum Vergleich: Eine 2-Megawatt-Windkraftanlage produziert rund 4 GWh/Jahr. Eine NTS-Anlage könnte also 30 2-Megawatt-Windkraftanlagen ersetzen und ungefähr 30 000 Haushalte versorgen«, sagt Guido Lütsch, Geschäftsführer der NTS GmbH. Nach den erfolgreichen Testflügen auf der Demonstrationsanlage sind die Projektpartner zuversichtlich, dass ihre Computersimulationen in der Realität Bestand haben. Erste Investoren sind bereits gewonnen.

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Mit weniger Sprit und Öl zum Ziel

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.10.2012

Kurz an die Tankstelle – und wieder ist das Portemonnaie um einiges leichter. Eine neue Herstellungstechnologie für Motoren soll den hohen Tank- und Ölkosten nun entgegenwirken: Sie sorgt dafür, dass Verbrennungsmotoren zwei bis drei Prozent weniger Sprit und deutlich weniger Öl verbrauchen. Zudem entfällt ein Herstellungsschritt.

Ohne Öl hat ein Motor schnell einen Totalschaden. Die zylindrischen Kolben brauchen ausreichend Schmiermittel, damit sie sich in den ebenfalls zylindrischen Laufbuchsen im Motorblock gut bewegen können. Dabei erhöhen zwei Effekte die Reibung: Zum einen verzieht sich die zylindrische Bohrung, wenn der Zylinderkopf aufgesetzt wird – man spricht von statischem Verzug. Zum anderen verformt sich die Bohrung durch die Temperatur, wenn der Motor läuft. Dieser thermische Verzug hängt von der Temperatur und der Art des Motors ab. Der Kolben läuft in der Bohrung also nicht komplett rund, an einigen Stellen eckt er an. Die Folge: Der Motor verbraucht deutlich mehr Öl und auch etwas mehr Benzin. Den statischen Verzug können die Automobilhersteller recht gut ausgleichen. Beim letzten Bearbeitungsgang, dem Honen, schrauben die Techniker eine Honbrille auf den Motor, die den montierten Zylinderkopf simuliert. Erst dann wird die Bohrung final bearbeitet. Schwierigkeiten dagegen bereitet der thermische Verzug: Ihn kann man bisher noch nicht ausgleichen.

Zwei bis drei Prozent Kraftstoff sparen

Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU haben dieses Problem nun gelöst – gemeinsam mit einem Automobil- und einem Werkzeugmaschinenhersteller. »Mit unserer Technologie können wir sowohl den statischen als auch den thermischen Verzug ausgleichen. Bei Verbrennungsmotoren sparen wir so zwei bis drei Prozent Kraftstoff ein. Zudem entfällt ein Bearbeitungsschritt bei der Motorherstellung«, sagt André Bucht, Abteilungsleiter am IWU. Der Clou der Technologie ist ein Werkzeug, das seine Form anpassen kann. Die Forscher errechnen zunächst, wie sich ein Motorblock verziehen wird: Sie ermitteln den statischen Verzug, indem sie einen Zylinderkopf aufschrauben und ausmessen, wie sich die Bohrung verformt hat. Zudem simulieren sie den thermischen Verzug bei einer Betriebstemperatur von 90 Grad Celsius, jeweils für die entsprechende Motorserie. Anhand dieser Berechnungen ändert das Honwerkzeug seine Form: Es bildet kleine Erhebungen aus und formt die Bohrung beim Bearbeiten so, dass sie später im laufenden Motor exakt rund ist. Somit kann sich der Kolben ohne allzuviel Reibung darin bewegen. Um die Werkzeugform anzupassen, haben die Forscher kleine Piezoaktoren in das Werkzeug eingebaut, die den Durchmesser entsprechend aufweiten. »So können wir beliebige Unrundheiten in die zu bearbeitende Bohrung bringen«, sagt Bucht.

Ein Prototyp des Werkzeugs existiert bereits. Mit ihm gelingt es den Forschern, die nötige Oberflächengenauigkeit zu erreichen und die üblichen Taktzeiten in der Motorfertigung zu halten – jeder Motor muss in 20 bis 30 Sekunden zusammengesetzt sein. Momentan laufen die Untersuchungen – in Zusammenarbeit mit einem Autobauer – auf dem Prüfstand. Hier wird ein mit dem Werkzeug gefertigter Motor getestet. Die Forscher prüfen: Wie weit reduziert sich die Reibung im Kolben? Wie weit sinkt der Kraftstoffverbrauch? Ist die Lebensdauer des Motors genauso lang wie die herkömmlich gebauter? Die Untersuchungen werden Ende des Jahres abgeschlossen. In einem weiteren Schritt wollen die Forscher das Werkzeug und den Herstellungsprozess so gestalten, dass es in die Fertigungslinien der Fahrzeugbauer aufgenommen werden kann.

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Kabelloser Daten-Turbo

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.10.2012

Digitalkameras und Camcorder liefern hoch aufgelöste Filmsequenzen in Gigabyte-Größe. Allerdings dauert es Minuten, wenn man per Funk via Bluetooth die Bilddaten auf den heimischen Computer übertragen will. Eine flotte Alternative bietet das »Multi-Gigabit-Kommunikationsmodul« – es ist sechsmal schneller als das USB-Kabel.

Ob Hochzeit, Geburtstag oder Party – bei großen Festen hat man heute meist seinen Camcorder dabei. Das Datenkabel allerdings fehlt oftmals. Aus dem Versprechen, dem Gastgeber die Aufnahme am Morgen nach der Feier auf den Rechner zu spielen, wird meist nichts. »Kein Problem«, sagt man dann. »Ich brenne dir eine CD, wenn ich wieder zu Hause bin.« Einfacher wäre es jedoch, wenn sich die Daten ohne Kabel übertragen ließen.

Das dachte sich auch Frank Deicke vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden. Es müsste doch möglich sein, große Datenmengen schnell und einfach von einem Gerät auf ein anderes zu übertragen. Natürlich sind Funkverbindungen à la Bluetooth oder WLAN längst Alltag. Doch wer damit ein hoch aufgelöstes Video von der Hochzeitsfeier auf den Computer überspielen will, braucht Geduld. Der Datentransfer der Gigabyte-mächtigen Filmdatei per Funk benötigt Minuten. Deicke und seine Kollegen sind einen anderen Weg gegangen. Der Ingenieur ist Spezialist für Infrarot-Technik. Vor wenigen Wochen hat der Forscher ein Infrarot-Modul vorgelegt, das Seinesgleichen sucht. »Es überträgt Daten mit einer Rate von 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s). Zum Vergleich: Ein E-Mail-Buchstabe besteht aus acht Bit. Das Infrarot-Modul schafft damit in einer Sekunde 125 Millionen Buchstaben«, so Deicke.

Schneller als USB2, WLAN oder Bluetooth

Für gewöhnlich sind Kabelverbindungen zwischen Elektrogeräten schneller als der Funk. In diesem Fall ist es anders. Das neue »Multi-Gigabit-Kommunikationsmodul« schafft das Sechsfache der USB2-Kabel-Geschwindigkeit. Ein Vergleich mit den etablierten Funkstandards ist noch eindrucksvoller: Die IPMS-Lösung ist 46-mal schneller als herkömmliches WLAN und 1430-mal rascher als das Bluetooth-Verfahren, mit dem zum Beispiel Handys und Headset-Kopfhörer kommunizieren. Das liegt vor allem an einer schnellen Signalverarbeitung. Denn das Nadelöhr sind das Ver- und Entschlüsseln der Daten, das Ver- und Entpacken für den Versand durch die Luft. So muss die Video-Information von der Digitalkamera zunächst in ein Funksignal umgewandelt werden, ehe sie auf die Reise geht. Im Empfangsgerät, einem Laptop zum Beispiel, wird das Funksignal dann wieder entschlüsselt und in die Filmdatei verwandelt. Das kostet Rechenzeit.

Für den Forscher und sein Team bestand die Herausforderung also darin, eine kleines Infrarot-Modul zu bauen, dessen Hard- und Software schnell arbeiten. Zudem sollte der Rechenaufwand möglichst gering sein, denn je stärker die Mikroprozessoren werkeln, desto mehr Strom fressen sie. »Letztlich haben wir das durch kluges Kombinieren verschiedener technischer Lösungen erreicht«, sagt Deicke. Das gilt zum Beispiel für den Transceiver, jenes optische Bauteil, das Lichtsignale zugleich aussenden und empfangen kann. Der Transceiver ist etwa so groß wie ein Kinderfingernagel, enthält aber dennoch eine Laserdiode, die die Lichtimpulse aussendet und einen Photodetektor, der diese wahrnimmt. Wichtig sind auch die Decoder, welche die verschlüsselten Daten empfangen und übersetzen. Da die Lichtsignale in der Luft abgeschwächt und verzerrt werden, mussten Deicke und seine Mitarbeiter ausgeklügelte Fehlerkorrekturmechanismen programmieren. Wie bei der TV-Fernbedienung muss auch zwischen dem Sender und dem Empfänger freie Sicht herrschen. Für Frank Deicke kein Problem: »Man legt die Kamera oder das Smartphone einfach direkt neben den Computer oder den Laptop.« Nach wenigen Sekunden ist das Video übertragen.

Die Forscher vom IPMS wissen sehr genau, dass sich eine solche Technologie nur dann durchsetzen kann, wenn sie von den Herstellern als Standard akzeptiert wird. Erst dann wird sie in verschiedensten Geräten verbaut, sodass der Kunde diverse Laptops und Kameras problemlos verkuppeln kann. Deicke engagiert sich deshalb in der Infrared Data Association. Er bringt sein Wissen unter anderem in die »10 Giga-IR-Arbeitsgruppe« ein. Damit ist sein Ziel klar. Es geht noch schneller als 1 Gbit pro Sekunde. »Mit unserem aktuellen Infrarot-Modul zeigen wir bereits, dass die Infrarot-Technologie herkömmliche Standards weit hinter sich lassen kann. Für die Zukunft wollen wir die Leistung noch steigern.« Deicke konnte bereits zeigen, dass sich die Übertragungsrate seines aktuellen Moduls auf 3 Gbit hochtreiben lässt. 10 Gbit erscheinen da durchaus erreichbar zu sein.

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Blutzucker messen ohne Pieks

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 03.09.2012

Der tägliche Stich in den Finger gehört für viele Diabetes-Patienten zum Alltag. Eine nicht-invasive Messmethode könnte sie von dem ständigen Pieksen befreien. Herzstück ist ein Biosensor von Fraunhofer-Forschern: Ein winziger Chip vereint Messung und digitale Auswertung – und kann die Daten sogar an ein mobiles Gerät funken.

Tag für Tag stechen sie sich in den Finger: Für viele Diabetiker gehört die Kontrolle ihres Blutzuckers zum Alltag. Insbesondere Patienten mit Typ-1-Diabetes müssen ihre Werte ständig im Auge behalten, da ihr Körper nicht in der Lage ist, Insulin selbst zu produzieren und so die Glukose im Blut abzubauen. Mehrmals täglich müssen sie einen kleinen Tropfen ihres Bluts auf einen Teststreifen geben. Nur so können sie den Blutzuckerwert ermitteln und sich die notwendige Menge Insulin spritzen. Doch das Pieksen ist nicht nur lästig: Mitunter kommt es zu Entzündungen oder Verhornung der Haut. Und für schmerzempfindliche Patienten ist die Prozedur eine Qual.

Die täglichen Stiche in den Finger könnten aber bald der Vergangenheit angehören – dank eines Diagnosesystems, in dem Fraunhofer-Technologie steckt. Die Idee dahinter: Ein Biosensor, der sich am Körper des Patienten befindet, könnte den Glukosespiegel kontinuierlich auch in anderen Gewebsflüssigkeiten als Blut messen, wie etwa im Schweiß oder in der Augenflüssigkeit. Die ständige Piekserei entfällt. Doch bisher waren solche bioelektrischen Sensoren zu groß, zu ungenau und verbrauchten zu viel Energie. Forschern vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg ist jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen: Sie haben einen Biosensor im Nanoformat entwickelt, der diese Hürden umgeht.

Diagnosesystem im Miniaturformat

Das Prinzip der Messung beruht auf einer elektrochemischen Reaktion, die mithilfe eines Enzyms in Gang gesetzt wird: Die Glukose-Oxidase wandelt Glukose unter anderem in Wasserstoffperoxid (H2O2) um, dessen Konzentration man mit einem Potentiostaten, messen kann. Daraus lässt sich der Glukosespiegel errechnen. Das Besondere an diesem Biosensor: Auf einen Chip von gerade mal 0,7 auf 10 Millimeter passt nicht nur der Nanopotentiostat selbst. Die Forscher haben darauf das gesamte Diagnosesystem untergebracht. »Auch ein Analog-Digitalwandler ist integriert, der das elektrochemische Signal in digitale Daten umwandelt«, erklärt Tom Zimmermann, Geschäftsfeldleiter am IMS. Über eine Wireless-Schnittstelle sendet der Biosensor die Daten beispielsweise an ein mobiles Empfangsgerät – so hat der Patient seinen Glukosespiegel ständig im Auge. »Für ein solches Diagnosesystem benötigte man früher eine Platine von der Größe einer halben DIN A4-Seite«, sagt Zimmermann. »Und ein Treiber war auch erforderlich. Aber auch dieser ist bei unserem Sensor nicht mehr nötig.«

Langlebiger Biosensor

Doch nicht nur die geringe Größe bietet einen erheblichen Vorteil gegenüber bisherigen Biosensoren dieser Art. Der Sensor verbraucht zudem viel weniger Energie. Frühere Systeme benötigten etwa 500 Mikroampere bei fünf Volt, jetzt sind es weniger als 100 Mikroampere. Das macht das System langlebiger – der Patient könnte den Sensor über Wochen oder gar Monate tragen. Möglich ist das durch den Einsatz eines passiven Systems: Der Sensor kann nicht nur Datenpakete schicken und empfangen, sondern über Funk auch mit Energie versorgt werden.

Den Glukosesensor haben die Forscher für die niederländische Medizintechnik-Firma Noviosens entwickelt. Da er kostengünstig herstellbar ist, eignet er sich bestens für die Massenproduktion. Dieses nicht-invasive Messgerät zum Monitoring des Blutzuckerspiegels kann in Zukunft die Basis für eine besonders praktische Weiterentwicklung sein: Der Biochip könnte eine implantierte Miniaturpumpe ansteuern, die anhand des gemessenen Blutzuckerwertes die genau passende Menge Insulin abgibt. Dem Diabetes-Patienten blieben so etliche Piekser erspart.

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