Drucksensoren, die nicht schwitzen

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Januar 2010

Mikroelektronische Chips, die Drücke messen, sind sehr empfindlich. Eine neue Technologie macht Drucksensoren jetzt robuster: Sie funktionieren auch noch bei Temperaturen von bis zu 250 Grad Celsius – damit eignen sie sich zum Beispiel auch für die Förderung von Erdöl.

Langsam fräst sich der Bohrkopf tief unter die Erde und arbeitet sich durch das Gestein. Dutzende von Sensoren messen dabei unter anderem den Druck und überprüfen die Porosität. Die Bedingungen dabei sind extrem: Neben Schlägen und Vibrationen müssen die Sensoren hohen Drücken und Temperaturen standhalten. Die Sensoren senden die Daten an die Oberfläche – für Geologen, die beispielsweise Erdölvorkommen suchen, eine große Hilfe.

Ein Problem: Die Drucksensoren halten im Schnitt nur Temperaturen von 80 bis 125 Grad Celsius aus – doch in großen Tiefen ist es oft wesentlich heißer. Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg schafft Abhilfe: Die Forscher haben ein Drucksensorsystem entwickelt, das auch bei 250 Grad Celsius noch voll funktionsfähig ist. »Die Drucksensoren bestehen aus zwei Komponenten, die sich auf einem mikroelektronischen Chip oder Wafer befinden«, erklärt Dr. Hoc Khiem Trieu, Abteilungsleiter am IMS. »Die erste Komponente ist der Sensor selbst, die zweite das EEPROM.« Dieser Baustein speichert alle gemessenen Werte sowie Daten für die Kalibrierung. Damit der Drucksensor auch unter extrem hohen Temperaturen funktioniert, haben die Entwickler den Wafer modifiziert. Normalerweise sind Wafer Scheiben aus monokristallinem Silizium. Doch in diesem Fall setzten die Wissenschaftler auf Siliziumoxid. »Die zusätzliche Oxidschicht sorgt für eine bessere Isolation«, sagt Trieu. »Sie verhindert Leckströme, die bei besonders hohen Temperaturen auftreten und dafür sorgen, dass herkömmliche Sensoren ab einer gewissen Temperatur versagen.« Durch die Oxidschicht konnten die Forscher die Isolation der Speicher um drei bis vier Größenordnungen verbessern. Theoretisch könnten die Drucksensoren auf diese Weise bis zu 350 Grad Celsius ertragen – praktisch nachgewiesen haben die Experten eine Stabilität bis zu 250 Grad, weitere Untersuchungen bei höheren Temperaturen sollen nun folgen. Zudem analysieren die Forscher die Prototypen der Drucksensoren in Langzeittests.

Das Anwendungsspektrum ist breit: Die Ingenieure wollen die Hoch-temperatur-Drucksensoren nicht nur in der Petrochemie, sondern auch in Automotoren einsetzen oder für die Geothermie nutzen.

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Altes Handwerk mit Zukunft

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Dezember 2009

Maria und Josef, Engel und die Krippe – zu Weihnachten schmücken traditionell viele Menschen ihre Wohnung mit hochwertigen Holzfiguren. In Südtirol setzen jetzt die Holzschnitzer, die berühmt sind für ihre jahrhundertealte Handwerkskunst, auf Hightech.

Ein südtiroler Handwerker führt langsam einen Werkzeugarm über eine Masterfigur. An der Schnitzmaschine neben ihm entstehen vierzig oder mehr Mini-Kopien des Originals. In vielen Tälern Südtirols werden Holzfiguren traditionell mit einem solchen Pantografen produziert. »In Kinderzeitschriften oder Comics liegen oft Pantografen bei. Damit können Kinder ihre Lieblingsfigur mithilfe eines Stifts stufenlos vergrößern und dann als Poster an die Wand hängen. Dasselbe haben wir hier – nur mit hochwertigen Schnitzfiguren«, erläutert Gruppenleiter Jürgen Goetz vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart. »Ein Künstler stellt Maria oder Josef in Handarbeit her, vorzugsweise in Bronze oder Messing. Der Mitarbeiter am Pantografen tastet die Figur ab und die Schnitzmaschine liefert dann die Kopien.«

Die traditionelle Arbeitsweise hat allerdings Nachteile: Sie ist laut, es staubt und offene Werkzeuge gefährden die Mitarbeiter. Bis eine Kleinserie zum Kunden kommt, vergehen oft mehrere Monate. Der Künstler muss zunächst einen Entwurf machen, diesen anschließend als Masterfigur herstellen und erst dann beginnt die Vervielfältigung.

Die Wissenschaftler in Goetz` Team haben im Auftrag der Firma 3D Wood einen neuen Workflow für diese traditionelle Holzbearbeitung generiert. Ein 3-D-Scanner tastet das Original ab oder die Daten stammen aus einem CAD-Programm. Eine Software bereitet bis zu 50 000 Scanner-Datensätze des Modells auf und liefert die Grundlage für ein CNC-Programm, das die Fräsmaschine steuert. »Die drei mal drei mal acht Meter große Maschine arbeitet vollautomatisch, hat fünf simultane Achsen, läuft mit bis zu 40 000 Umdrehungen pro Minute, wechselt automatisch die Werkzeuge und stoppt sofort, wenn Fehler auftreten. Es entstehen parallel 42 qualitativ sehr hochwertige Kopien, die Größe der Werkstücke kann zwischen 10 und 600 Millimeter variieren«, fasst Goetz die technischen Daten zusammen. Die Bearbeitungszeit der Figuren wird durch den automatischen Ablauf um mehr als die Hälfte verkürzt – bei gesteigerter Qualität.

Mit der neuen Anlage reduziert sich die Zeit von der Vorlage zum Endprodukt von Monaten auf wenige Wochen: Der Künstler kann die Vorlage sogar aus Weichholz oder Wachs machen, das geht wesentlich schneller als eine Figur in Bronze zu gießen. Neue Aufträge lassen sich so zügiger umsetzen. Angenehmer Nebeneffekt: Die Mitarbeiter sind nicht länger Lärm und Staub ausgesetzt.

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Hefe im Dornröschenschlaf

Presseinformation der Max-Planck-Gesellschaft vom 08.12.2009

Max-Planck Forscher identifizieren Gene, die die Langlebigkeit von Hefezellen bei geringen Temperaturen begrenzen

Zellen altern umso schneller, je aktiver der Stoffwechsel ihres Organismus ist. Dabei entstehen freie Radikale, die Zellen schädigen. Wie diese jedoch das Altern beeinflussen, ist umstritten. Die Identifizierung von 93 Mutationen, die Hefezellen ein Überleben für mehrere Jahre bei vier Grad Celsius ermöglichen, bietet nun neue Einblicke in diesen Prozess (Aging, advanced online publication, 7. Dezember 2009).

Hefezellen sind ein begehrtes Modell der Alterungsforschung. Wie alle lebenden Organismen haben sie eine begrenzte Lebensdauer. Diese wird durch ihre Genetik, Stoffwechselrate und Umwelt beeinflusst. Gleichzeitig können Biologen sie im Labor leicht manipulieren, beispielsweise einzelne Gene ausschalten. Forscher um Markus Ralser des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik haben daher systematisch untersucht, ob das Überleben von Hefezellen bei vier Grad Celsius durch das Entfernen einzelner Gene verlängert werden kann. Dazu wurden 5.150 Hefestämme, denen jeweils ein Gen fehlt, nach Langzeit-Lagerung im Kühlraum beobachtet. Nach einem Jahr waren noch fast alle Hefe-Kolonien lebensfähig, nach insgesamt fünf Jahren jedoch nur noch ein Bruchteil. Anschließende Tests zeigten, dass den sehr widerstandsfähigen Hefezellen insgesamt 93 Gene fehlten. Diese spielen vor allem im grundlegenden Zellstoffwechsel eine Rolle.

Bei niedrigen Temperaturen überleben Hefezellen deutlich länger als bei höheren. So enthält eine Hefekultur bei 30 Grad Celsius für zwei bis vier Wochen lebende Zellen, bei vier Grad Celsius jedoch leben Hefestämme in der Regel ein Jahr und länger. Der Stoffwechselumsatz und die Wachstumsrate von Hefe sind bei niederen Temperaturen stark reduziert. Die Zellen „dämmern“ wie in einem Dornröschenschlaf.

Im Zuge der Stoffwechselprozesse entstehen durch Zellatmung freie Radikale. Sie besitzen ein ungepaartes Elektron und reagieren daher extrem leicht mit anderen Molekülen. Bei geringer Stoffwechselrate werden durch diesen Prozess weniger freie Radikale freigesetzt als bei hoher. Bei niedrigen Temperaturen wie in der Berliner Langzeitstudie, sollte die Bildung von freien Rakdikalen durch den Stoffwechsel deshalb keine große Rolle spielen. Doch auch hier lebten Hefezellen mit dekfektem Primärstoffwechsel länger. „Ein hoher Stoffwechsel schädigt Zellen auch noch durch andere Mechanismen“, sagt Ralser. „Anscheinend sind diese eher dafür verantwortlich, dass sich die Lebensspanne verkürzt.“ Welche dies genau sind, wissen die Wissenschaftler bisher jedoch noch nicht.

Die Forscher fanden heraus, dass die langlebigen Hefestämme in der Regel schlechter gegen oxidativen Stress geschützt sind als durchschnittliche Hefestämme. „Die ganze Anti-Oxidations-Maschinerie braucht unheimlich viel Energie. Diese Energie kann die Hefe aber natürlich über einen Zeitraum von fünf Jahren gut gebrauchen“, sagt Ralser. „Zellen, die auf den teuren Schutz verzichten, haben somit einen Vorteil.“ Anscheinend ist Langlebigkeit nicht generell an die Fähigkeit gebunden ist, mit oxidativem Stress umzugehen. [MR/HW/BA]

Originalveröffentlichung:
Lucie Postma, Hans Lehrach und Markus Ralser
Surviving in the cold: yeast mutants with extended hibernating lifespan are oxidant sensitive
Aging, advanced online publication, 7. Dezember 2009

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Fräsen und bohren im Cyberspace

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Dezember 2009

Zerspannungsmechaniker, NC-Programmierer oder Mechatroniker – Lehrlinge in Ingenieurberufen müssen oft komplexe Anlagen beherrschen. Ob Fräsen, Drehen, Bohren oder Programmieren: Künftig sollen Lehrlinge am virtuellen Modell üben und Routine erlernen.

Vorsichtig spannt der Lehrling das Werkstück in die Drehmaschine. Bevor er das Bauteil bearbeiten kann, muss er die Maschine richtig programmieren. Eine knifflige Aufgabe. Bei seiner Abschlussprüfung wird der Lehrling eine ähnliche Aufgabe lösen müssen. Deshalb lernt er an der Berufsschule, wie man mit so einer Anlage umgeht. Dabei steht er aber nicht vor einer richtigen Maschine – er sitzt vor dem Computer. Auf dem Bildschirm erscheinen die Bedienfelder, dahinter die Drehmaschine. Und der PC leitet den Lehrling Schritt für Schritt an.

Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF, das Technologie- und Berufsbildungszentrum TBZ Magdeburg sowie die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt SLV Halle haben das Projekt ViReKon ins Leben gerufen – koordiniert vom Rationalisierungs- und Innovationszentrums RKW Sachsen-Anhalt: Ingenieure sollen mit Hilfe von Virtueller Realität VR ausgebildet werden. Dafür entwickeln die Forscher des IFF virtuelle Modelle verschiedener Maschinen. »Für die praktische Ausbildung nutzt das TBZ derzeit ein einfaches Modell einer realen Sortieranlage. An dieser können die Lehrlinge allerdings nur wenige Aufgaben üben«, sagt André Winge, Gruppenleiter am IFF. »An den virtuellen Anlagen aber können angehende Mechatroniker, Programmierer oder Mechaniker ganz speziell geschult werden und eine ganze Reihe verschiedener Aufgabenstellungen trainieren.« Dazu erarbeiten die Experten des IFF zusammen mit den Berufsausbildern spezielle E-Learning-Methoden. »Der Lehrling soll nicht nur die Maschine und die Steuerungseinheit bedienen können«, sagt Winge. »Ein integriertes, didaktisches Trainingskonzept erläutert dem Schüler die Arbeitsaufgaben. Das System kontrolliert den Erfolg und gibt Feedback, ob er die einzelnen Aufgaben auch richtig gelöst hat.«

Ein weiterer Vorteil: Berufsschulen müssen sich keine teuren Anlagen anschaffen. Im Cyberspace kann gedreht, gebohrt oder gefräst werden – an großen wie an kleinen Maschinen. »Wir können für jede Anlage ein virtuelles Modell entwerfen«, sagt Winge. So haben die Forscher zum Beispiel auch ein VR-Modell einer Biohandlinganlage erstellt: Petrischalen mit Bakterienkulturen laufen über ein Förderband. Ein Greifer packt sie und befördert sie in die Entnahmestation. Dort entnimmt eine Pipettier-Einheit eine Probe und verarbeitet sie weiter. Am Bildschirm verfolgt der Lehrling die Prozedur in der virtuellen Anlage – die Steuerungseinheit, die er dabei benutzt, ist real. An so einem VR-System können künftig auch Fachkräfte oder Wartungsmechaniker in Unternehmen geschult werden.

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Entfernungsmessung in Mikrosekunden

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom November 2009

Will man die Größe eines Raumes vermessen, reicht die Schnelligkeit von üblichen Lasermessgeräten aus. Bei mobilen Anwendungen auf der Straße kann es jedoch nicht schnell genug gehen. Forscher konnten die Messrate der Scanner nun verzehnfachen.

Passt der Schwertransporter unter der Brücke durch? Oder muss er einen anderen Weg nehmen? Lassen die Häuser genug Platz für den sperrigen LKW? Um solche Fragen zu klären, erkundet ein Messauto vorab die Strecke, die der Schwertransport nehmen soll. Ein auf dem Auto befestigter Laserscanner erfasst Brücken sowie Häuser, Schilder und Bäume am Straßenrand. Die Funktionsweise des Scanners: Er sendet kurze Laserpulse aus, die an Hindernissen reflektiert werden. Über die Zeit, die das Licht braucht, um wieder beim integrierten Sensor anzukommen, kann man auf den Abstand zum Hindernis schließen. Die Ergebnisse werden mit der Position des Autos gekoppelt, die über Satellitenmessungen bestimmt wird. Bislang müssen die Wagen bei diesen Messungen recht langsam fahren, um ausreichend viele Punkte aufzunehmen. Auch der Einsatz solcher Scanner in Flugzeugen oder Hubschraubern zur Bestimmung von Geländehöhen und Objekten auf dem Gelände ist schwierig. Da das Flugzeug recht schnell ist, ist die Auflösung entsprechend gering und das entstehende Bild löchrig.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg haben die Messrate der Entfernungsmessung nun erheblich erhöht. Kern jedes Laserscanners ist die Laserentfernungsmessung. »Wir können entweder zehnmal schneller messen oder bei gleicher Geschwindigkeit des Scanners – etwa auf einem Flugzeug – zehnmal mehr Punkte analysieren«, sagt Dr. Ilia Bourovoi, Projektleiter am IPM. Der Laser misst die Entfernung mehrere Millionen Mal pro Sekunde. Wie erreichen die Forscher diese Schnelligkeit? »Wir haben neue elektronische Schaltungen und eine spezielle Software zur Datenverarbeitung entwickelt. Außerdem haben wir die Taktung des Laserstrahls optimiert.« Während herkömmliche Scanner mehrere Pulse für eine Messung brauchen, ermittelt das neue Pulslaserradar die Entfernung mit jedem einzelnen ausgesandten Puls. Das bietet neben der höheren Messgeschwindigkeit einen weiteren Vorteil: Die Ergebnisse sind unabhängig von der Geschwindigkeit, mit der sich der Scanner bewegt – etwa wenn er auf einem Auto oder Flugzeug montiert ist. Bei Scannern, die mehrere Laserpulse pro Punkt brauchen, verschmieren Details leicht, da sich der Scanner bei den nachfolgenden Pulsen bereits wieder weiter bewegt hat.

Ein Laborgerät des neuen Pulslaserradars gibt es bereits. So könnten künftig Messfahrzeuge, die im normalen Verkehrsfluss mitfahren, 3-D-Daten von Straßenumgebungen aufnehmen. Selbst aus dem Flugzeug liefert der Pulslaserradar noch eine hohe Messpunktdichte.

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