technologiewerte.de – MOOCblick Februar 2024

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Build your very first iOS app
David A. McMeekin (Curtin University) et al.
Start: 13.02.2024 / Arbeitsaufwand: 64-80 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Atome, die miteinander Pingpong spielen

Presseaussendung der TU Wien vom 16.01.2024

Eine Art „Quanten-Pingpong“ entwickelte ein Team der TU Wien: Durch eine passende Linse kann man zwei Atome dazu bringen, ein einzelnes Photon hochpräzise hin und her zu spielen.

Atome können Licht aufnehmen und wieder aussenden – das ist ein ganz alltägliches Phänomen. Meistens aber gibt ein Atom ein Lichtteilchen in alle möglichen Richtungen ab, dieses Photon dann wieder einzufangen ist gar nicht so einfach.

An der TU Wien konnte man nun aber rechnerisch zeigen: Durch eine besondere Linse lässt sich erreichen, dass ein einzelnes Photon, das von einem Atom abgegeben wird, von einem zweiten Atom mit praktisch hundertprozentiger Sicherheit wieder absorbiert wird. Dieses zweite Atom nimmt das Photon jedoch nicht nur auf, sondern schießt es gleich zum ersten Atom wieder zurück: Die Atome spielen sich das Photon punktgenau immer wieder gegenseitig zu – wie beim Pingpong.

Wie man eine Welle zähmt

„Wenn ein Atom irgendwo im freien Raum ein Photon aussendet, dann ist die Abstrahlrichtung vollkommen zufällig. Damit ist es praktisch unmöglich, ein anderes entferntes Atom dazu zu bringen, dieses Photon wieder aufzufangen“, sagt Prof. Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien. „Das Photon breitet sich als Welle aus, wodurch niemand sagen kann, in welche Richtung es sich genau bewegt. Es ist somit purer Zufall, ob das Lichtteilchen von einem zweiten Atom wieder absorbiert wird oder nicht.“

Anders sieht die Sache aus, wenn man das Experiment nicht im freien Raum durchführt, sondern in einem abgeschlossenen Bereich. Ähnliches kennt man aus der Akustik, von sogenannten Flüsterräumen: Wenn in einem elliptischen Raum zwei Menschen genau in den Brennpunkten der Ellipse stehen, dann können sie einander perfekt hören. Die eine Person flüstert leise, die Schallwellen werden von der elliptischen Wand exakt so reflektiert, dass sie einander am Aufenthaltsort der zweiten Person treffen – die zweite Person kann das leise Geflüster somit wunderbar hören, auch wenn es sehr leise war.

„Prinzipiell könnte man so etwas auch für Lichtwellen bauen und zwei Atome an den Brennpunkten einer Ellipse positionieren“, sagt Oliver Diekmann, der Erstautor der aktuellen Publikation. „Aber praktisch gesehen müssen die beiden Atome dann ganz präzise an den Brennpunkten positioniert werden.“

Die Maxwell-Fischaugenlinse

Das Forschungsteam ließ sich daher eine bessere Strategie einfallen, die auf das Konzept der Fischaugen-Linse zurückgreift, das von James Clerk Maxwell, dem Begründer der klassischen Elektrodynamik, entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um ein Material mit variierendem Brechungsindex. Während sich Licht in einem einheitlichen Medium wie Luft oder Wasser geradlinig fortbewegt, werden Lichtstrahlen in einer Maxwell-Fischaugenlinse gekrümmt.

„Auf diese Weise kann man erreichen, dass alle Strahlen, die von einem Atom ausgehen, auf einem krummen Pfad den Rand erreichen, dort reflektiert werden, und dann auf einem zweiten krummen Pfad zum Zielatom gelangen“, erklärt Oliver Diekmann. In diesem Fall funktioniert der Effekt viel effizienter als in einer simplen Ellipse und auch Abweichungen von der Idealposition der Atome sind möglich.

„Das Licht in dieser Maxwell-Fischaugenlinse hat verschiedene Schwingungsmoden gleichzeitig. Das ist ähnlich wie bei einem Musikinstrument, das zum Schwingen angeregt wird und verschiedene Obertöne gleichzeitig produziert“, sagt Stefan Rotter. „Wir konnten zeigen: Die Kopplung zwischen dem Atom und diesen unterschiedlichen Schwingungsmoden lässt sich auf eine Weise anpassen, dass es mit fast hundert Prozent Wahrscheinlichkeit zu einem Transfer des Photons von einem Atom auf das andere kommt – ganz anders als das im leeren Raum der Fall wäre.“

Wenn das Atom das Photon absorbiert hat, befindet es sich in einem Zustand höherer Energie, bis es dann nach sehr kurzer Zeit das Photon wieder abgibt. Dann beginnt das Spiel von vorne: Die beiden Atome tauschen ihre Rollen, das Photon wird vom Empfänger-Atom zum ursprünglichen Sender-Atom zurückgespielt – und immer so weiter.

Optimale Kontrolle für Quantentechnologien

Vorerst handelt es sich um theoretische Berechnungen, Praxistests sind aber mit bereits bestehender Technologie möglich. „In der Praxis könnte man die Effizienz sogar noch weiter erhöhen, indem man nicht nur zwei Atome verwendet, sondern zwei Gruppen von Atomen“, sagt Stefan Rotter. „Das Konzept könnte ein interessanter Startpunkt für Quantenkontroll-Systeme sein, mit denen man Effekte bei extrem starker Kopplung zwischen Licht und Materie genau studieren kann.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
O. Diekmann, D. Krimer, and S. Rotter: Ultrafast Excitation Exchange in a Maxwell Fish-Eye Lens, Phys. Rev. Lett. 132, 013602 (2024).

Externer Link: www.tuwien.at

Cholera-Erreger machtlos gegen eigenes Immunsystem

Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 19.01.2024

Molekulares Abwehrsystem schützt Bakterien vor Viren und macht sie gleichzeitig anfällig für Antibiotika

Auch Bakterien haben ein eigenes Immunsystem, dass sie gegen spezielle Viren – sogenannte Bakteriophagen – schützt. Ein Forschungsteam der Universitäten Tübingen und Würzburg zeigt nun, wie das Immunsystem die Wirkung von bestimmten Antibiotika gegen den Cholera-Erreger Vibrio cholerae verstärkt. Das Immunsystem ist der Grund, warum dieses Bakterium besonders empfindlich auf eine der ältesten bekannten Antibiotikaklassen – die Antifolate – reagiert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Microbiology veröffentlicht.

Vibrio cholerae ist weltweit für schwere Cholera-Ausbrüche verantwortlich und in vielen Entwicklungsländern endemisch. Das Immunsystem von Vibrio cholerae besteht aus mehreren molekularen Abwehrsystemen, die das Bakterium gegen Angriffe verschiedener Bakteriophagen schützen. Eines dieser Abwehrsysteme heißt CBASS (cyclic-oligonucleotide-based antiphage signaling system). Wird das Bakterium von Bakteriophagen angegriffen, wird CBASS aktiviert. CBASS bringt das infizierte Bakterium dazu, sich selbst zu zerstören und verhindert so eine weitere Infektion der Bakterienpopulation. Das Forschungsteam von Professor Dr. Ana Brochado konnte zeigen, dass Antifolat-Antibiotika das Abwehrsystem CBASS auch in Abwesenheit von Bakteriophagen aktivieren. Das aktivierte CBASS verstärkte somit zusätzlich die Wirkung des Antibiotikums und führte zum Zelltod von Vibrio cholerae. „Wie bei einer Autoimmunerkrankung schadete die eigene Immunantwort dem Bakterium,“ sagt Dr. Susanne Brenzinger, die Erstautorin der Studie.

Das Forschungsteam von Professor Dr. Ana Brochado untersucht die Wirkung von Antibiotika mithilfe von Hochdurchsatz-Screenings und Computeranalysen. Beim Hochdurchsatz-Screening handelt es sich um eine automatisierte Methode, bei der die Wirkung von Tausenden von Substanzen auf Bakterien getestet wird. Diese Methode ermöglichte die Entdeckung der Wechselwirkungen zwischen CBASS und Antibiotika. „Antifolate gehörten zu den ersten Antibiotika auf dem Markt. Sie hemmen die Synthese von Folaten, die Bausteine der DNA sind. Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir mehr als neunzig Jahre nach der Einführung der Antifolate immer noch nicht alles über sie wissen. Überraschenderweise ändert das bakterielle Immunsystem ihre Wirkung,“ sagt Professor Brochado, die im Tübinger Exzellenzcluster „Controlling Microbes to Fight Infections“ (CMFI) zur Systembiologie von Antibiotika forscht.

Professor Brochado ergänzt: „Wir können Antibiotika zielgerichteter einsetzen, je mehr wir über ihre Wirkweise wissen. Dies kann uns zukünftig bei der Entscheidung helfen, ob wir sie allein, in Kombination mit anderen Antibiotika oder sogar parallel zu einer Phagen-Therapie einsetzen. Nicht nur bei Cholera, sondern auch bei anderen bakteriellen Infektionen. Der angemessene und effektive Einsatz von Antibiotika hilft dabei, die Entstehung weiterer Antibiotikaresistenzen zu verhindern.“

Originalpublikation:
Brenzinger S, Airoldi M, Ogunleye AJ, Jugovic K, Amstalden MK, Brochado AR. The Vibrio cholerae CBASS phage defence system modulates resistance and killing by antifolate antibiotics. Nat Microbiol 2024 Jan;9(1):251-262.

Externer Link: www.uni-tuebingen.de

Forschende der TU Graz perfektionieren 3D-Druck optisch aktiver Nanostrukturen

Presseaussendung der TU Graz vom 17.01.2024

Form, Größe und optische Eigenschaften von 3-dimensionalen Nanostrukturen lassen sich nun vorab simulieren, bevor diese hochpräzise auf verschiedensten Oberflächen direkt hergestellt werden können.

Seit etwa 20 Jahren ist es möglich, Oberflächen so mit Nanopartikeln zu versehen, dass sie auf eine gewünschte Weise Licht konzentrieren, manipulieren oder eine Reaktion auslösen. Zu finden sind solche optisch aktiven Nanostrukturen etwa in Solarzellen und biologischen oder chemischen Sensoren. Um deren Einsatzbereich zu erweitern, arbeiten Forschende am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz und am Zentrum für Elektronenmikroskopie (ZFE) seit über zehn Jahren daran, nicht nur flache Nanostrukturen, sondern auch komplexe, freistehende 3D-Architekturen herzustellen. Dem Team um Harald Plank, Verena Reisecker und David Kuhness sind nun zwei Durchbrüche gelungen. So können sie die gewünschten optischen Eigenschaften sowie die dazu nötige Form und Größe der Nanostrukturen vorab exakt simulieren und diese auf Basis der Simulation präzise herstellen. Außerdem sind sie in der Lage, chemische Verunreinigungen zu beseitigen, die bei der Herstellung entstehen, ohne dabei die 3D-Nanoarchitekturen zu beeinträchtigen.

Trial-and-Error-Verfahren wird überflüssig

Bislang war bei dreidimensionalen Nanostrukturen ein langwieriges Trial-and-Error-Verfahren nötig, bis das Produkt die gewünschten optischen Eigenschaften hatte. Dieser Aufwand fällt nun endlich weg. „Die Übereinstimmung unserer Simulationen mit den realen plasmonischen Resonanzen unterschiedlichster Nanoarchitekturen ist sehr hoch“, erläutert Harald Plank. „Das bedeutet einen Riesenschritt nach vorn. Die harte Arbeit der letzten Jahre hat sich bezahlt gemacht.“ Die Technologie ist gegenwärtig die weltweit einzige, durch die komplexe 3-dimensionale Strukturen mit Form-Elementen kleiner als zehn Nanometer direkt und kontrolliert auf nahezu jeder Oberfläche hergestellt werden können. Zum Vergleich: Die kleinsten Viren sind 20 Nanometer groß. „Die größte Herausforderung der letzten Jahre war die Überführung der 3D-Architekturen in hochreine Materialien, ohne die Morphologie zu zerstören“, beschreibt Harald Plank. „Dieser Entwicklungssprung ermöglicht durch den 3D-Aspekt neue optische Effekte und Anwendungskonzepte.“ Sonden oder optische Pinzetten mit Größen im Nanometerbereich rücken dadurch in greifbare Nähe.

Präzise gesteuerter Elektronenstrahl

Zur Herstellung der Nanostrukturen nutzen die Forschenden die fokussierte Elektronenstrahlabscheidung (Focused Electron Beam Induced Deposition). Dabei wird die relevante Oberfläche unter Vakuumbedingungen mit speziellen Gasen belegt. Ein fein fokussierter Elektronenstrahl spaltet die Gasmoleküle, woraufhin Teile dieser in einen festen Zustand übergehen und an gewünschter Stelle haften bleiben. „Durch präzise Steuerung von Strahlverschiebung und Belichtungszeit gelingt es uns in einem einzigen Schritt, komplexe Nanostrukturen mit gitter- oder flächenartigen Strukturelementen herzustellen“, erläutert Harald Plank. Durch Aufeinanderschichten dieser Nanovolumen lassen sich daraus schließlich dreidimensionale Strukturen konstruieren. (Philipp Jarke)

Externer Link: www.tugraz.at