Dunkelheit macht Makro-Quanteneffekte sichtbar

Medieninformation der Universität Innsbruck vom 10.01.2024

Wie man eine winzige Glasperle dazu bringt, makroskopische Quanteneffekte zu zeigen

Schnell sein, Licht vermeiden und über eine kurvenreiche Rampe rollen: Das ist das Rezept für ein bahnbrechendes Experiment, das Innsbrucker Physiker in einem kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Artikel vorschlagen. Damit soll ein Nanoteilchen, das sich in einem durch elektrostatische oder magnetische Kräfte erzeugten Potenzial bewegt, rasch und zuverlässig in einen makroskopischen Überlagerungszustand gebracht werden.

Die Grenze zwischen der Alltagswelt und der Quantenwelt ist noch immer unklar. Wird ein Teilchen durch Abkühlung auf den absoluten Nullpunkt zu einem Quantenobjekt, ist es umso stärker lokalisiert, je massiver es ist. Forscher unter der Leitung von Oriol Romero-Isart vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck schlagen ein Experiment vor, bei dem sich ein mit Laserlicht im Schweben gehaltenes Nanoteilchen, das auf seinen Grundzustand abgekühlt ist, einem nicht-optischen („dunklen“) Potenzial ausgesetzt wird, das durch elektrostatische oder magnetische Kräfte erzeugt wird. Die Forscher erwarten, dass dieses dunkle Potential rasch und zuverlässig einen makroskopischen Quantenüberlagerungszustand erzeugen wird.

Die Bewegung eines winzigen Glaskügelchen kann mittels Laserlicht auf seinen Grundzustand abgekühlt werden. Allein gelassen, von Luftmolekülen und einfallendem Licht bombardiert, heizen sich solche Glasperlen rasch auf und verlassen das Quantenregime, was jede Quantenkontrolle stark beschränkt. Um dies zu vermeiden, schlagen die Forscher um Oriol Romero-Isart vor, das Glaskügelchen im Dunkeln, bei ausgeschaltetem Licht, mit einem durch ungleichmäßige elektrostatische oder magnetische Kräfte gesteuerten Potential zu kontrollieren. Diese Methode ist nicht nur schnell genug, um eine Erwärmung durch streunende Gasmoleküle zu verhindern, sondern hebt auch die extreme Lokalisierung auf und sollte die Quanteneigenschaften eindeutig sichtbar machen.

In dem kürzlich in Physical Review Letters erschienenen Artikel wird auch diskutiert, wie dieser Vorschlag die praktischen Herausforderungen dieser Art von Experimenten umgeht. Zu diesen Herausforderungen gehören die Notwendigkeit schneller Versuchsdurchläufe, der minimale Einsatz von Laserlicht zur Vermeidung von Dekohärenz und die Möglichkeit, Versuchsdurchläufe mit demselben Teilchen rasch zu wiederholen. Diese Überlegungen sind entscheidend, um die Auswirkungen von niederfrequentem Rauschen und anderen systematischen Fehlern abzuschwächen.

Dieser Vorschlag wurde ausführlich mit den experimentellen Partnern von Q-Xtreme, einem von der Europäischen Union finanzierten ERC-Synergy-Grant-Projekt, diskutiert. „Die vorgeschlagene Methode orientiert sich an den aktuellen Entwicklungen in ihren Labors und sie sollten bald in der Lage sein, unser Protokoll mit ungekühlten Teilchen im klassischen Bereich zu testen, was sehr nützlich sein wird, um Rauschquellen zu messen und zu minimieren, wenn die Laser ausgeschaltet sind“, sagt das Theorie-Team um Oriol Romero-Isart. „Dieses Quantenexperiment stellt zwar eine sehr große Herausforderung dar. Wir glauben aber, dass es machbar sein sollte, da unser Vorschlag alle notwendigen Kriterien für die Erzeugung dieser makroskopischen Quantenüberlagerungszustände erfüllt.“

Originalpublikation:
Macroscopic Quantum Superpositions via Dynamics in a Wide Double-Well Potential. M. Roda-Llordes, A. Riera-Campeny, D. Candoli, P. T. Grochowski, and O. Romero-Isart. Phys. Rev. Lett. 132, 023601

Externer Link: www.uibk.ac.at

ETH-Spin-offs – so viele gab es noch nie in einem Jahr

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 08.01.2024

Im vergangenen Jahr wurden an der ETH Zürich 43 Spin-​offs gegründet, ein neuer Rekord. Dabei entstanden besonders viele Jungfirmen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und Biotechnologie. Zudem werden immer mehr ETH-​Spin-offs von Frauen ins Leben gerufen.

43 neue Gründungen ist eine ausserordentlich hohe Zahl – mit der die ETH Zürich im europäischen Vergleich besonders gut abschneidet. Ein Forschungsbereich, den die ETH intensiv ausbaut, spiegelt sich auch in den Firmengründungen wider: die Künstliche Intelligenz. Von den 43 gegründeten Spin-​offs weisen zwölf einen klaren Bezug zur KI auf. Beispielsweise Quazel, eine App, die KI für das Sprachenlernen einsetzt. Mithilfe eines KI-​Agenten können Lernende Gespräche zu beliebigen Themen führen, während die KI dynamisch auf alles reagiert, was gesagt wird. Auch das junge Team von BreezeLabs setzt eine KI-​Software ein. Diese misst über das eingebaute Mikrofon in Standard-​Kopfhörern die Atemfrequenz. Dadurch können während körperlicher Aktivität personalisierte und zielgerichtete Trainingsempfehlungen gegeben werden.

Neben KI ist die ETH traditionell sehr stark in der Biotechnologie und Pharmazie. Dieser Bereich macht den grössten Anteil der neugegründeten Spin-​offs im Jahr 2023 aus. Ein Beispiel ist das Biotech-​Spin-off ATLyphe. Ihr Ziel ist es, die Chemotherapie durch antikörperbasierte Therapien zu ersetzen, um die hämatopoetische Stammzellentransplantation potenziell sicherer und effektiver zu gestalten.

Immer mehr Gründerinnen

Der Anteil von Gründerinnen bei den ETH-​Spin-offs ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. In konkreten Zahlen bedeutet das – 2023 wurden elf Firmen an der ETH von Frauen mitgegründet. Dies freut Vanessa Wood, Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehung an der ETH Zürich: «Dass wir immer mehr Frauen dazu begeistern können, Unternehmerinnen zu werden, erfüllt mich nicht nur persönlich mit Freude, sondern ist auch für die Schweizer Wirtschaft und die Gesellschaft wichtig.» Ein konkretes Beispiel dafür ist der Spin-​off apheros. CEO Julia Carpenter und ihr Team haben neuartige Metallschwämme erfunden, die Kühleigenschaften besitzen. Da die Kühlung von elektronischen Geräten oft energieintensiv ist, bieten die Schwämme von apheros mit ihrer grossen Oberfläche und hohen Leitfähigkeit eine effiziente Kühllösung.

Viele Investitionen

Ein besonderes Jahr war es auch in Bezug auf Grants, welche ETH-​Spin-offs erhielten. 2023 flossen 47 Millionen Schweizer Franken in ETH-​Spin-offs, ohne dass dabei die bestehenden Anteile der aktuellen Eigentümer verwässert wurden. Zudem gab es einige beträchtliche Investitionsrunden. Zum Beispiel schloss das Spin-​off GetYourGuide, eine Online-​Plattform für Reiseaktivitäten, eine neue Finanzierungsrunde von über 70 Millionen Franken ab. Das Spin-​off ANYbotics, das autonome Roboter für Inspektionen anbietet, erhielt 50 Millionen Franken. Ebenso profitierten die beiden Drohnen-​Technologie-Firmen Verity und Wingtra von Fördergeldern. Verity erhielt 40 Millionen für ihre selbstfliegenden Inventurdrohnen, während Wingtra 20 Millionen Franken für ihre Drohnen erhielt, die für kartografische und geodätische Anwendungen eingesetzt werden. Mit Memo Therapeutics hat ein Biotechnologie-​Unternehmen eine Finanzierungsrunde von 25 Millionen Schweizer Franken abschliessen können, für die Forschung an therapeutischen Antikörpern zur Behandlung von Infektionskrankheiten.

Externer Link: www.ethz.ch

Gezielte Schädlingskontrolle mit RNA-Spray

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.01.2024

Schädlinge auf Pflanzen wirkungsvoll bekämpfen, ohne dabei anderen Organismen zu schaden – daran arbeiten Forschende in dem vom Julius Kühn-Institut (JKI) koordinierten Verbundprojekt ViVe_Beet, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird. An dem Projekt beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des JKI-Instituts für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME und des Instituts für Zuckerrübenforschung (IfZ). Die Projektpartner verfolgen den Ansatz, speziell zugeschnittene doppelsträngige RNA-Moleküle zu nutzen, welche mittels gängiger Auftragsmethoden in geeigneter Formulierung ausgebracht werden, um Zuckerrüben zukünftig vor Vergilbungsviren zu schützen.

Der Einsatz von chemisch-synthetischen Insektiziden und Pestiziden in der Landwirtschaft hat einen negativen Einfluss auf die Insektenvielfalt und Bienengesundheit. Deshalb hat die EU 2019 die Zulassung von systemisch wirksamen Neonikotinoiden auslaufen lassen, was jedoch zu neuen Problemen in der Landwirtschaft führte: Die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae), eines der Insekten mit den meisten Resistenzen gegen chemisch-synthetische Insektizide, lässt sich seitdem schwer bekämpfen. Vor allem die Zuckerrübe ist stark betroffen, da die Pflanzenlaus Überträger von mehreren Vergilbungsviren ist, welche zu enormen Einbußen in der Zuckerrübenernte führen. »Wir reden hier von 20 bis 50 Prozent Ertragsverlust nur durch die Viren«, erläutert Maurice Pierry, der das Projekt ViVe_Beet am Institutsteil Bioressourcen des Fraunhofer IME in Gießen von Beginn an begleitet.

Neuer Ansatz der Schädlingsbekämpfung: RNA-Interferenz (RNAi)

Um die Pflanzenlaus nachhaltig und wirksam zu bekämpfen, sind neue Ansätze der Schädlingsbekämpfung dringend erforderlich. Das Fraunhofer IME und die Projektpartner JKI und Ifz wählen hierfür einen biologischen, artspezifischen Ansatz und arbeiten gemeinsam daran, die Pflanzenlaus durch RNA-Interferenz (RNAi) zu bekämpfen.

Die RNAi ist eine natürliche Immunantwort der Wirte auf fremdes virales Erbgut, welches oftmals als doppelsträngige RNA (dsRNA) vorliegt. Maurice Pierry erklärt: »Viren haben RNA als Erbgut, und wenn diese in die Zelle eines Lebewesens eindringt, in unserem Fall vom Insekt, dann wird diese von einem Enzym namens Dicer in kleinere sogenannte small interfering RNA (siRNA) zerteilt. Das Ganze wird dann in einen weiteren Enzymkomplex aufgenommen und als Schablone benutzt, um darauf passende mRNA-Sequenzen abzubauen. Wenn wir diese dsRNA so auswählen, dass sie auf ein lebenswichtiges Gen des Insekts passt, dann kann man den Organismus dahin bringen, sich durch sein eigenes RNAi-System wirksam zu kontrollieren.«

Vom Labortest bis zum Feldeinsatz

Zu Beginn des Projekts, mit einer Laufzeit von Oktober 2021 bis September 2024, mussten potenziell wirksame Gene und ihre Basensequenzen identifiziert werden. Darauffolgend wurde dsRNA, welche spezifisch auf diese Basensequenzen angepasst ist, über biologische Verfahren hergestellt. Pierry erläutert: »Als Erstes mussten wir ein Gen finden, das einen Effekt hat, wenn man es mit dem RNA-Interferenz-Mechanismus ausschaltet. Die Effekte variieren von Häutungsproblemen über Rückgang der Nachkommen bis hin zur erhöhten Mortalität der Schädlinge. Nach einigen Tests haben wir schließlich mehrere Gene gefunden, die zu einer hohen Mortalität bei der Blattlaus führen, wenn man sie ausschaltet. Damit war die erste Hürde geschafft.«

Im nächsten Schritt musste eine Formulierung gefunden werden, die das doppelsträngige RNA-Molekül vor möglichen Umweltfaktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, UV und RNA-abbauenden Enzymen beschützt, bis es am Zielort angekommen ist, z. B. im Darm der Blattlaus, wo es dann von der Zelle aufgenommen wird. »Auch da haben wir gute Ergebnisse erlangt. Das heißt unsere dsRNA ist geschützt von einer Formulierung, die den Effekt verbessert und lange haltbar ist«, so Pierry.

Inzwischen sind die Forschenden schon beim dritten Schritt: den ersten Sprühversuchen direkt an der Zielpflanze. »Wir haben eine RNA-Spray-Methode entwickelt, die wir in Gewächshausversuchen getestet haben. Bei unseren Sprühversuchen kommen wir bisher auf 70 Prozent Mortalität sowie einer Minderung der Populationsgröße. Das ist ein sehr guter Wert«, erläutert Pierry.

Der letzte Schritt sind dann Feldversuche, bei denen alle bisher ausgeklammerten Umweltfaktoren einbezogen werden. Diese werden im kommenden Sommer vom JKI und dem IfZ durchgeführt.

Selektives Pflanzenschutzmittel ist ungefährlich für andere Organismen

Der innovative Ansatz des Projektes ViVe_Beet birgt das Potenzial, künftig vollkommen neue, umweltverträgliche, selektive Pflanzenschutzmittel zu entwickeln. Denn die spezifischen natürlichen Moleküle könnten dabei nicht nur gegen Insekten, sondern auch gegen Viren oder Pilzerreger wirken. »Das Besondere daran ist also, dass die spezifisch angepasste dsRNA eine Wirkung auf den Ziel-Organismus hat, in unserem Fall die Grüne Pfirsichblattlaus, und nicht auf andere Organismen wie uns Menschen oder Nützlingen wie z. B. der Biene«, erklärt Pierry. Diese neue Methode der Schädlingsbekämpfung weckt Hoffnung auf nachhaltigen Pflanzenschutz und zeigt hohes Potenzial für die Zukunft.

Externer Link: www.fraunhofer.de

technologiewerte.de – MOOCblick Januar 2024

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Introduction to Bayesian Statistics Using R
Elena Moltchanova (University of Canterbury)
Start: flexibel / Arbeitsaufwand: 30-60 Stunden

Externer Link: www.edx.org