Trampolinspringende Wassertröpfchen

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 04.11.2015

Materialien, die Wasser und Eis von selbst extrem stark abstossen, sind in der Luftfahrt und vielen anderen technischen Anwendungen begehrt. ETH-Forscher haben jetzt herausgefunden, wie man die starren Oberflächen solcher Materialien gezielt designen kann – indem sie Wassertröpfchen das Trampolinspringen beibrachten.

Wer in den nächsten Monaten mit dem Flugzeug reist, wird möglicherweise Zeuge eines winterlichen Luftfahrt-Rituals, bei dem die Tragflächen vor dem Start mit einer Spezialflüssigkeit von Eis und Schnee befreit werden. Das ist nötig, da kleinste Wassertröpfchen in der Luft bei bestimmten Wetterbedingungen zu Eis gefrieren können, wenn sie sich auf den Flugzeugflügeln niederlassen. Das wiederum kann zu einer Verwirbelung des Luftstroms beim Start und dadurch zu einem geringeren Auftrieb führen, was schnell gefährlich werden kann.

Noch besser als eine solche Enteisung wäre natürlich, wenn die Eistropfen erst gar nicht an den Tragflächen hafteten oder von diesen gar aktiv abgestossen würden. ETH-Forscher haben jetzt in einer im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichten Studie gezeigt, dass es im Prinzip möglich ist, Materialien zu entwickeln, die gegen Eis und Wasser geradezu allergisch sind. Zunächst einmal brachten sie dazu kleinen Wassertröpfchen das Trampolinspringen bei.

Mysteriöse Kräfte

ETH-Professor Dimos Poulikakos und seine Mitarbeiter am Labor für Thermodynamik in neuen Technologien studierten das Verhalten von Wassertropfen auf Oberflächen, indem sie einen millimetergrossen Tropfen auf eine speziell bearbeitete starre Silizium-Oberfläche setzten und dann den Luftdruck in der Experimentierkammer stetig absenkten, während eine Hochgeschwindigkeitskamera den Tropfen filmte. Zunächst blieb der Tropfen still auf der Oberfläche liegen, doch bei etwa einem Zwanzigstel des normalen Atmosphärendrucks sprang er plötzlich hoch. Nach einem kurzen Hüpfer landete der Tropfen schliesslich wieder auf der Oberfläche und sprang erneut hoch – und zwar noch höher als beim ersten Mal. Wie ein Trampolinspringer, der mit jedem Sprung  vom elastischen Sprungtuch an Höhe gewinnt, wurde auch der Wassertropfen bei jedem Kontakt mit der Oberfläche immer höher geschleudert, obwohl diese absolut starr war. Was für den Laien nach Magie aussieht, erscheint dem Experten zunächst einmal als die vermeintliche Verletzung grundlegender physikalischer Gesetze, nach denen ein Körper, der auf eine starre Oberfläche trifft, eigentlich nicht spontan Bewegungsenergie gewinnen und damit höher zurückspringen kann. Genau dies aber scheint beim trampolinspringenden Wassertropfen zu geschehen.

Tropfen mit Raketenantrieb

Um zu verstehen, woher die Kraft kam, welche die Wassertröpfchen hochschleuderte, analysierte Poulikakos mit seinen Postdoktoranden Tom Schutzius und Stefan Jung bis ins Detail die Bewegungen des Tropfens sowie, mit einer Wärmebildkamera, die Temperaturverteilung in seinem Inneren. Die ETH-Wissenschaftler, die in den letzten Jahren bereits einigen Rätseln von Wassertropfen auf die Spur gekommen sind, fanden jetzt heraus, dass das Zusammenspiel der natürlichen Wasserverdampfung und der Mikrostruktur der Materialoberfläche für das Trampolin-Phänomen eine entscheidende Rolle spielt. Der Überdruck, der durch die Verdampfung zwischen Oberfläche und Tropfen entsteht, schleudert diesen wie eine Feder bei jedem Aufprall in die Höhe.

Beim Gefrieren eines weit unter null Grad gekühlten («supergekühlten») Wassertropfens wird der Verdampfungseffekt durch die so genannte Rekaleszenz weiter verstärkt. Dieser Effekt ist aus der Metallverarbeitung bekannt, etwa bei geschmiedetem Eisen, das sich während des Abkühlens kurzfristig noch einmal von selbst bis zur Rotglut erhitzt. Das liegt daran, dass das Innere des Eisens erstarrt und dabei latente Wärme freisetzt.

Ganz Ähnliches geschieht bei einem Wassertropfen: Ein Tropfen, der durch Verdunstung von Wasser an seiner Oberfläche unter den Gefrierpunkt abkühlt, bildet zunächst Eiskristalle. Die Wärme, die bei diesem Phasenübergang von flüssig zu fest abgegeben wird, heizt den Tropfen dann schnell auf null Grad auf. «Diese Erwärmung passiert in wenigen Millisekunden», erklärt Schutzius, «und führt im Anschluss daran zu einer explosiven Verdampfung.» Daraufhin kühlt der Tropfen erneut ab, und der Zyklus wiederholt sich. Die explosive Verdampfung führt zu einem noch grösseren Überdruck zwischen Tropfen und Oberfläche und lässt ihn dadurch wie eine Rakete abheben.

Intelligentes Oberflächendesign

Der eigentlich Clou des Ganzen liegt allerdings in der Oberfläche selbst: Zum einen muss sie rau sein, damit der Wassertropfen nicht an ihr hängen bleibt, zum anderen aber darf sie nicht zu rau sein, da sonst der Wasserdampf zu schnell durch die Poren und Ritzen der Oberfläche entweichen und der Raketeneffekt damit buchstäblich verpuffen würde. Die von den ETH-Forschern hergestellten mikrostrukturierten Silizium-Oberflächen erfüllen genau diese Bedingungen: Sie bestehen aus kleinen (nur wenige Mikrometer grossen) Säulen, die im Abstand von etwa fünf Mikrometern regelmässig angeordnet sind.

«Aus unseren Forschungsergebnissen können wir ableiten, wie Oberflächen generell beschaffen sein müssen, um Wasser und Eis energisch abzustossen, und sie dann entsprechend designen», sagt Poulikakos. In ihrem Experiment untersuchten die Forscher verschiedene Materialien, darunter oberflächenbehandeltes Aluminium und Kohlenstoff-Nanoröhren.

Um den Trampolin-Mechanismus noch praxistauglicher zu machen, müsste man freilich soweit kommen, dass er auch bei normalem Luftdruck funktioniert. Poulikakos und seine Mitarbeiter hoffen, in den nächsten Jahren Fortschritte in diese Richtung zu machen. Dann wären verschiedenste Anwendungen denkbar, die von eisfreien Hochspannungsleitungen bis hin zu wasser- und eisabweisenden Strassenbelägen reichen – und vielleicht eines Tages die Enteisung von Flugzeugflügeln überflüssig machen.

Literaturhinweis:
Schutzius TM, Jung S, Maitra T, Graeber G, Köhme M, Poulikakos D: Spontaneous droplet trampolining on rigid superhydrophobic surfaces, Nature, 4. November 2015, doi: 10.1038/nature15738

Externer Link: www.ethz.ch

Feinstaub: Abscheider hilft Grenzwerte einzuhalten

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 28.10.2015

Auf dem Weg zur Marktreife nimmt der Partikelabscheider des KIT-Spin-offs CCA zwei weitere Hürden: Langzeittests erfolgreich absolviert und bauaufsichtliche Zulassung erteilt

Nachwachsende Energieträger wie Hackschnitzel, Pellets und Scheitholz sind beliebt. Damit holzbefeuerte Heizungsanlagen und Öfen auch die neuen Feinstaubgrenzwerte einhalten, werden Partikelabscheider eingesetzt, um das Rauchgas zu reinigen. Der Partikelabscheider des KIT-Spin-offs CCA hat nun die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) erhalten und im Langzeittest bewiesen, dass er effektiv und wirtschaftlich arbeitet.

Nach Angaben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe werden in Deutschland circa 850.000 holzbefeuerte Kesselanlagen betrieben. Die Holzverbrennung ist eine wichtige Emissionsquelle, die häufig die Partikelemission aus dem Automobilverkehr übertrifft. Die zweite Stufe der 1.Bundesimmissionsschutzverordnung (1.BImSchV) hat die Grenzwerte für die Partikelemissionen auf 20 Milligramm pro Kubikmeter abgesenkt. Niedrigere Emissionswerte sollen sowohl durch neue Feuerungsanlagen als auch durch den Einbau von Filteranlagen erreicht werden.

Der Abscheider der Ausgründung Carola Clean Air (CCA) wird zwischen Heizkessel und Kamin in den Rauchgasweg eingebaut und vermindert die Konzentration von Ruß und Feinstaub um bis zu 90 Prozent. Jetzt hat das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) den Feinstaubabscheider der Typenserie „CCA25 bis CCA200“ die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erteilt. Damit ist der Carola-Abscheider der erste in Deutschland zugelassene Trockenabscheider, der an größeren Kesselanlagen bis zu 200 kW eingebaut werden kann.

Das Funktionsprinzip des CCA-Abscheiders ist sehr einfach: Der Abscheider besteht im Prinzip aus zwei Kammern. In der Ionisationskammer werden die Partikel des Rauchgases mittels einer Corona-Entladung elektrisch aufgeladen. In der nachgeschalteten Kollektorkammer lagern sich die geladenen Ruß- und Staubpartikel auf einer wendelförmigen Bürste ab. Diese dreht sich regelmäßig über eine Abstreifkante und die angesammelten Partikel fallen in den Auffangbehälter. „Alle paar Monate den Behälter zu leeren, ist die einzige Wartungsarbeit für den Nutzer“, erklärt Dr. Hanns-R. Paur, Mitarbeiter des KIT und einer der Gründer von CCA. Der Abscheider eignet sich durch seine intelligente Konstruktion zur Ergänzung einer vorhandenen Heizkesselanlage ebenso wie zur Integration in neuentwickelte Anlagen. Bei Bedarf lassen sich sogar mehrere Anlagen parallel beziehungsweise hintereinanderschalten. Im Rahmen eines Feldtests unter typischen Betriebsbedingungen wurde nun gezeigt, dass der Abscheider auch im realitätsnahen Langzeitbetrieb über 5000 Stunden stabil läuft und seine Vorteile wie hohe Abscheiderate, geringe elektrische Leistungsaufnahme und niedrigen Druckverlust beibehält.

„Die Vorteile unseres Abscheide-Systems gegenüber anderen Wirkprinzipien liegen auf der Hand“, stellt Dr. Hans P. Rheinheimer fest, Geschäftsführer der CCA GmbH. „Das System ist nahezu wartungsfrei, kann sogar in den Kessel integriert werden und es verbraucht im Betrieb weniger Energie als eine Glühbirne. Anders als bei Schwebstofffiltern müssen keine Verschleißteile ausgetauscht werden und der Abluftzug im Kamin wird kaum reduziert. Mit einer Abscheideeffizienz von bis zu 90 Prozent können moderne Heizkessel, die nachgerüstet werden, die Grenzwerte der zweiten Stufe der Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV) aus dem Jahr 2015 einhalten.“

Das KIT hat sein Know-how zu Abscheidesystemen für holzgefeuerte Kessel in das Start-up-Unternehmen Carola Clean Air GmbH ausgegründet. Industriepartner sind die Heizkesselhersteller HDG Bavaria und Heizomat.

Für das innovative Verfahren haben die Erfinder schon Preise eingeheimst, etwa den Innovationspreis der IHK Karlsruhe und den Umweltpreis der Sparkasse Pforzheim Calw. Die Entwicklung des CCA-Partikelabscheiders wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie den HGF Enterprise Fund gefördert. (kes)

Externer Link: www.kit.edu

Tuberkulose-Bakterien tricksen Immunsystem aus

Medienmitteilung der Universität Basel vom 23.10.2015

Tuberkulose-Bakterien bedienen sich eines eigensinnigen Tricks. Sie zeigen sich dem Immunsystem immer in derselben Gestalt. Ihre Antigenvariation ist äusserst gering. Dagegen reagiert das angegriffene Immunsystem heftig. Ein Befall der Atemwege und damit die weitere Verbreitung der Krankheit über Atemluft sind die Folge. Das zeigen Forschende der Universität Basel und des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) in der Zeitschrift «Cell Host & Microbe».

Zwischen Immunsystem und eindringenden Krankheitserregern herrscht ein ständiges Wettrüsten. Gegen unliebsame Eindringlinge wie Bakterien, Viren oder Parasiten entwickelt das Immunsystem Antikörper. Um diese Abwehr zu unterlaufen, ändert der Krankheitserreger ständig seine Erkennungsmerkmale, die sogenannten Antigene, und bleibt so für die Antikörper unangreifbar. Diesen, evolutionär entstandenen, Mechanismus nutzen die meisten Krankheitserreger aus.

Anders verhält sich der Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis. Die vom Immunsystem erkannten Antigene des TB-Bakteriums unterscheiden sich zwischen unterschiedlichen Stämmen nur sehr wenig und sind evolutionär hochkonserviert. Das zeigen Wissenschaftler des Swiss TPH und der Universität Basel mithilfe von Genomanalysen von 216 verschiedenen Tuberkulose-Linien. «Die geringe Antigenvariation verschafft den TB-Bakterien womöglich einen Evolutionsvorteil», sagt Sébastien Gagneux vom Swiss TPH und Mitautor der Studie.

Denn diese hochkonservierten Antigene provozieren bei einer TB-Infektion eine heftige Immunreaktion. Sie führt zu einem starken Befall der Lungen, was wiederum die weitere Verbreitung von infektiösen TB-Bakterien von Mensch zu Mensch über Husten begünstigt und das Überleben der Keime sichert.

Neues Angriffsziel für einen neuen TB-Impfstoff

Auch identifizierten die Wissenschaftler sieben TB-Antigene, die nicht hochkonserviert, sondern äusserst variabel sind und bei Erkrankten eine Immunreaktion auslösen. Diese Ausnahmen könnten wichtige Angriffsziele bei der Entwicklung eines neuen Impfstoffs gegen Tuberkulose werden. Denn die herkömmlichen Impfstoffkandidaten gegen TB basieren auf den hochkonservativen Antigenen, die eine starke Immunreaktion auslösen und dem Bakterium einen Vorteil verschaffen.

«Das Immunsystem mit einem Antigen zu stimulieren, das den Bakterien nützt, ist nicht die beste Strategie», sagt Gagneux zur bisherigen Impfstoffstrategie. Die neuen Erkenntnisse versprechen hier möglicherweise einen effektiveren Ansatz zur Entwicklung einer Tuberkulose-Impfung.

Originalbeitrag:
Mireia Coscolla, Richard Copin, Jayne Sutherland, Florian Gehre, Bouke de Jong, Olumuiya Owolabi, Georgetta Mbayo, Federica Giardina, Joel D. Ernst, and Sebastien Gagneux
M. tuberculosis T Cell Epitope Analysis Reveals Paucity of Antigenic Variation and Identifies Rare Variable TB Antigens
Cell Host & Microbe (2015), doi: 10.1016/j.chom.2015.10.008

Externer Link: www.unibas.ch

Forschungsprojekt IFasO: An der Weltspitze angekommen

Presseinformation der TH Deggendorf vom 21.10.2015

Wissenschaftler am Technologie Campus Teisnach ziehen äußerst positive Bilanz zum Ende des Forschungsprojekts IFasO

„SPECULOOS“ ist ein großes internationales Weltraum-Projekt, bei dem das Universum nach bewohnbaren Planeten erforscht wird. Dabei setzt die ESO (European Southern Observatory) am Berg Paranal in Chile bei vier neuen Teleskopen auf Spitzentechnologie und Know-how aus dem Bayerischen Wald. Die Spezialspiegel für diese extrem leistungsfähigen und genauen Teleskope werden am Technologie Campus der Technischen Hochschule Deggendorf in Teisnach im Rahmen des Forschungsprojekts IFasO hergestellt. Im Mittelpunkt steht dabei die UPG 2000, die größte und modernste Optikmaschine der Welt.

Zum Ende der 5-jährigen IFasO-Projektphase ziehen die Wissenschaftler am TC Teisnach jetzt eine sehr positive Bilanz und blicken optimistisch in die Zukunft. Man habe den Sprung in die Spitze der weltweiten Hersteller für Teleskopspiegel geschafft und könne das bisher vom Bayerischen Wissenschaftsministerium geförderte Forschungsprojekt zuversichtlich als eigenständiges Unternehmen weiterführen.

IFasO – Das Forschungsprojekt

Von Anfang an waren die Ziele beim Forschungsprojekt IFasO der Technischen Hochschule Deggendorf am Technologie Campus Teisnach hoch gesteckt: ein eigenes Verfahren zur Herstellung hochgenauer optischer Teleskopspiegel für die Weltraumforschung zu entwickeln, um damit in die Spitze der weltweiten Spiegelhersteller für Riesenteleskope vorzudringen. Projektinitiatoren waren Prof. Dr. Peter Sperber, Präsident der THD, Prof. Dr. Rolf Rascher, Leiter des TC Teisnach und Projektkoordinator Dipl.-Ing. Lutz Küpper. Den Bedarf für das neue Verfahren erkannten sie anhand weltweiter Produktionsengpässe für Teleskopspiegel mit Lieferzeiten von mehreren Jahren.

Gefördert vom Bayerischen Wissenschaftsministerium wurde ab dem Jahr 2010 gemeinsam mit der Firma OptoTech aus Wetzlar die UPG 2000, die modernste und größte Optikmaschine der Welt konzipiert, entwickelt und gebaut. Allein die Anlieferung der 85 Tonnen schweren Maschine im Oktober 2012 in Teisnach sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen. Schon im April 2014 konnte das IFasO-Team den ersten einsatzfähigen Teleskopspiegel an die Firma ASTELCO Systems aus Martinsried bei München ausliefern. Dem vorangegangen war nach der Montage die intensive Verfahrensentwicklung, bei der die hohe Komplexität des Gesamtsystems eine große Herausforderung für die Wissenschaftler darstellte. Immerhin ist die UPG 2000 die einzige Optikmaschine der Welt, bei der sämtliche Arbeitsschritte – Schleifen, Polieren und Messen – durchgeführt werden können, ohne dass der Spiegelrohling umgelagert werden muss. Dies führt zu einer erheblichen Zeitersparnis, ohne dabei auf höchste Qualität verzichten zu müssen.

Direkt im Anschluss erfolgte im Rahmen eines Großauftrags der Bundesregierung die Fertigung eines sogenannten „Off-Axis-Spiegels“. Für das IFasO Projektteam um Lutz Küpper war das die bisher größte technische Herausforderung: „Im Teleskopbau können durch Verwendung von Off-Axis-Spiegeln sehr viel leistungsfähigere und kleinere Teleskope entstehen, was natürlich gerade bei Weltraumteleskopen wichtig ist. So ein Spiegel ist nicht mehr symmetrisch. Die Fläche kann nur erzeugt werden auf Basis einer mathematischen Formel und es bedarf eines sehr anspruchsvollen Aufbaus, um so eine Fläche überhaupt messen zu können. Den Nachweis unserer Möglichkeiten haben wir erbracht und dafür sehr gute Noten bekommen. Das macht bereits die Runde und führt zu weiteren Anfragen“, berichtet Küpper. So ist man jetzt auch in Kontakt mit AIRBUS, wo man sich im Bereich Luft- und Raumfahrttechnik regelmäßig über die Fortschritte am TC Teisnach unterrichten lässt. Mit großem Interesse verfolgt man laut Küpper bei AIRBUS momentan auch den Stand der derzeit laufenden Spiegelherstellung für das Projekt „SPECULOOS“ am Paranal in Chile. Den Auftrag zum Bau von vier Teleskopen hat die ESO der Firma ASTELCO Systems erteilt. Bei der Fertigung der benötigten acht Spiegel vertraut man bei ASTELCO Systems erneut auf das Know-how der IFasO-Wissenschaftler am TC Teisnach. Die Übergabe des ersten Teleskops soll bereits Anfang 2016 stattfinden. Neben den technischen Herausforderungen sind auch die finanziellen Dimensionen für Lutz Küpper nicht unerheblich. Über genaue Kundenbelange könne er selbstverständlich nicht sprechen, grundsätzlich könne man aber sagen, dass Spiegel im Durchmesserbereich von 1 bis 1,5 Meter im sechsstelligen Euro Bereich liegen können, je nach Qualität, Form und Material. Mit diesem Großauftrag und dem auslaufenden Förderprogramm endet das IFasO-Forschungsprojekt zum Jahresende. Ab 2016 geht die Erfolgsstory mit der von Lutz Küpper gegründete IFasO GmbH aber weiter.

„Für mich ist dieses Projekt das Musterbeispiel für die Umsetzung von angewandter Hochschulforschung in eine anschließende Firmenausgründung“, erklärt THD-Präsident Prof. Dr. Peter Sperber stolz. „Die Idee wurde aus der Anregung von Teleskopbauern heraus entwickelt. Obwohl viele angebliche Experten anfangs die Bedeutung nicht erkannt und die Machbarkeit bezweifelt haben, hat das Wissenschaftsministerium und hier namentlich Herr Ministerialdirigent Dr. Zeitler an uns geglaubt und die Förderung ermöglicht. Dadurch und durch die engagierte Arbeit der Projektmitarbeiter hat Deutschland jetzt wieder Zugang zur Technologie der Herstellung komplexer und hochgenauer Teleskopspiegel, Bayern ist hier jetzt wieder europäischer Technologieführer“, so Prof. Sperber.

IFasO – Die Zukunft

Aufgrund der guten Auftragslage wird das Forschungsprojekt IFasO ab 2016 eigenständig von der IFasO GmbH mit Lutz Küpper als Geschäftsführer weitergeführt. Alle Mitarbeiter können übernommen werden. Laufende Aufträge bestehen bis Mitte 2016, die in Vorbereitung befindlichen Aufträge reichen bereits bis in das Jahr 2017 hinein. Wie jeder andere Mieter zahlt die IFasO GmbH dann für die Räumlichkeiten im TC Teisnach Raummiete an den Gebäudeinhaber OZB. Auch für die künftige Nutzung der Optikmaschine ist dann Miete an die Hochschule zu bezahlen. Was die künftige Ausrichtung angeht steht für Geschäftsführer Küpper klar fest, dass es ein Schnell und Billig nicht geben wird, außerdem wirft man auch erste Blicke in Richtung Satellitenforschung: „Unsere Fertigung ist nicht konzipiert für kostengünstige Massenware. Unsere Stärken liegen da, wo Mitbewerbern die Möglichkeiten fehlen, das sind komplizierte, schwer herstellbare Geometrien und große Durchmesser, auch über 2m. Außerdem weiten wir unsere Forschungen auch auf besonders leicht strukturierte Spiegel für den Einsatz in Satelliten aus.“

Trotz dieser großen Pläne vergisst der Geschäftsführer der IFasO GmbH aber nicht, allen jenen zu danken, die in den vergangenen Jahren zum großen Erfolg des Forschungsprojekts beigetragen haben: “Mein größter Dank gilt meinem langjährigen Kollegen und Freund Dieter Rohr, der unsere lange berufliche Zusammenarbeit auf dieses Vorhaben übertragen hat. Ohne ihn und später auch das gut zusammenwirkende Team (Majid Salimi, Karlheinz Penzkofer, Julia Küpper und Johannes Liebl) hätte IFasO niemals diesen Verlauf genommen. Für ihr, auch in schwierigen Phasen, ungebrochenes Vertrauen in unsere Arbeit danke ich der Teisnacher Bürgermeisterin Rita Röhrl, dem Präsidenten der Technischen Hochschule Prof. Dr. Peter Sperber und dem Leiter des Technologie Campus Teisnach Prof. Dr. Rolf Rascher. Der ganz große Dank aller Beteiligten gebührt Ministerialdirigent Dr. Zeitler, der sich nach bereits erfolgter Ablehnung des Projekts massiv für eine Genehmigung eingesetzt hat und dafür selbst einen steinigen Weg beschreiten musste. „Herr Dr. Zeitler, Ihr Einsatz hat Früchte getragen und dafür danken wir Ihnen sehr herzlich.“

Externer Link: www.th-deg.de